29 March 2007

Von Läusen und Menschen.

Na, was fällt auf, wenn man sich diese Abbildung anschaut [Klicken zum Vergrößern oder noch größer hier]?
Phylogenetic trees for primate lice [= Läuse] and their vertebrate hosts redrawn from Reed et al. [9]. Trees are shown as cladograms with no branch length information, and are based on molecular and morphological data. Dashed lines between trees represent host-parasite associations. Humans are unique in being parasitized by two genera (Pediculus and Pthirus). Photo credits: J. W. Demastes, T. Choe, and V. Smith.
Erstens müssen sich Menschen gleich mit zwei Gattungen von Läusen herumschlagen (Kopf- und Filzläusen) und zweitens teilen sie sich die eine Gattung mit den Schimpansen (Pediculus, Kopfläuse), die andere mit Schimpansen (Pthirus).

Parasiten im allgemeinen sind ziemlich anhänglich, selbst durch Evolution wird man sie nicht los. Wenn sich die Wirtsart aufsplittet und zwei neue Arten entstehen, führt das häufig auch zur Aufsplittung der Parasitenart, d. h. die Entwicklungsgeschichte der Parasiten spiegelt die ihrer Wirtsarten. Läuse sind da offensichtlich besonders "gut" drin, möglicherweise durch ihre relativ hohe Wirtsspezifität, außerdem sind sie flugunfähig und überleben nur kurze Zeit (eher Stunden als Tage) ohne einen Wirt [Beispiele für Läuse-Coevolution; .pdf].

Anhand der Kopfläuse haben Forscher schon die "jüngere" Geschichte der Menschen nachvollzogen. In Kurzfassung: es gibt zwei Arten von Kopfläusen, die einen kommen weltweit bei Menschen vor, die andere nur in (Nord-) Amerika. Die berechnete Aufsplittung der beiden Kopflausarten liegt aber vor dem ersten Auftreten von Homo sapiens, zu einem Zeitpunkt (vor 1,18 Mio. J.), als sich Vorfahren des heutigen Menschen und einer heute ausgestorbenen Form auftrennten. Diese heute ausgestorbene Form (möglicherweise H. erectus) drang bis zum Gebiet des heutigen Asiens vor und nahm auch Kopfläuse mit, während unsere Vorfahren zunächst in Afrika blieben. Erst vor 130000 Jahren, mit der Entwicklung zum H. sapiens, wanderten auch Vertreter dieser neuen Spezies aus Afrika aus. Sie könnten dann in Asien wieder auf diese heute ausgestorbene Form gestoßen und von diesen als Souvenir ein paar Kopfläuse (die sich in der Zwischenzeit zu einer neuen Art entwickelt hatten) mit nach Amerika genommen haben (Nachzulesen z. B. hier [The Loom] und Original-Artikel, frei).

Die gleichen Forscher (David Reed et al.) haben sich nun die Filzläuse vorgenommen (Original-Artikel, frei). Carl Zimmer von The Loom hat auch darüber wieder einen hervorragenden Artikel geschrieben. Die wahrscheinlichste Variante sieht wie folgt aus:

[Klicken zum Vergrößern, oder hier]

Vor der Auftrennung der Vorfahren der heute lebenden Primaten (aber nach Abtrennung der Altwelt-Affen) haben sich die beide heute zu findenden Gattungen (Pediculus und Pthirus) aufgetrennt. Während bei den Gorillas die eine Gattung (Pediculus; Kopfläuse) ausgestorben ist, gingen bei dem gemeinsamen Vorfahren der Schimpansen und Menschen die Filzläuse (Pthirus) flöten. Vor 3-4 Mio. Jahren allerdings haben sich die Menschen (bzw. ihre direkten Vorfahren) dann die Filzläuse wieder eingefangen [von den zu der Zeit lebenden Gorilla-Vorfahren].

Über mögliche Übertragungswege kann man nur spekulieren. In jedem Artikel, den ich zu diesen Funden gelesen habe, wurde besonders betont, dass man KEINEN sexuellen Kontakt haben muss, um sich Filzläuse zu holen, beispielsweise können diese auch durch gemeinsam benutzte Handtücher übertragen werden. Also sind Gorilla- und Menschen-Vorfahren vielleicht einfach nur zusammen ins Fitnessstudio gegangen, und Mensch-Vorfahr hat natürlich wieder mal sein Handtuch vergessen...

Aber Spaß beiseite, ein möglicher Übertragungsweg ist z. B. auch die zeitnahe Benutzung von GorillaVF-Schlafplätzen durch Vorfahren des heutigen Menschens.

MfG,
JLT

P.S.: Im Rahmen meiner Web-Recherche zu dem Thema (ok, in Wirklichkeit habe ich nur bei Technorati geschaut, wer den Original-Artikel zu den Filzläusen alles verlinkt) bin ich noch auf dieses Post von Wow! Really? gestoßen, in dem ein gar bemerkenswertes Foto eingebunden ist. Gute Güte...

Reed DL, Smith VS, Hammond SL, Rogers AR, Clayton DH (2004) Genetic Analysis of Lice Supports Direct Contact between Modern and Archaic Humans. PLoS Biol 2(11): e340

Reed DL et al., Pair of lice lost or parasites regained: the evolutionary history of anthropoid primate lice. BMC Biology 2007, 5:7

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