29 March 2007

Chocolate is good for you.

Es ist ja wirklich schrecklich, im Grunde ist fast alles ungesund, was gut schmeckt, und all das gesund, wozu man keine Lust hat. Ich meine, ich habe weder was gegen Sport noch gegen rohe Karotten, aber trotzdem will ich beides nicht jeden Tag.
Wollte man wirklich alle Ernährungsratschläge befolgen, müsste man möglicherweise seine Arbeitsstelle wechseln oder gleich ganz mit Arbeiten aufhören, da der Arbeitsalltag manchmal einfach nur mit einem doppelten Espresso und einem Teilchen zu überstehen ist und gelegentlich auch erfordert, dass man mit den Kollegen Pizza essen und Bier trinken geht. Sich das alles zu verkneifen, kann meiner Ansicht nach aber soundso auch nicht gesund sein, so ganz küchenpsychologisch-psychosomatisch gedacht. Lachen ist gesund, Optimisten leben länger, Sich-auch-mal-einen-doppelten-Espresso-Reinzieher bleiben länger jung. Wäre jedenfalls wünschenswert.

Nun habe ich über Thoughts in a Haystack von einer Studie erfahren, die positive Effekte von Kakao auf die Endothelzellfunktion nachgewiesen hat*. Nun hat man schon in so zuverlässigen Quellen wie der Fernsehzeitung meiner Eltern oder der Bunten im Zahnarztwartezimmer gelesen, dass Kakao gesund ist. Da liest man aber auch, dass Knoblauch gesund ist, ohne zu erfahren, dass man langfristig eine ganze Knolle pro Tag essen müsste, um die genannten Effekte zu erzielen. Das macht Knoblauch auch nicht ungesund, aber relativiert das ganze schon ein bisschen. Dasselbe trifft umgekehrt übrigens auch auf die als ungesund deklarierten Sachen zu. Wenn sich im Tierversuch herausstellt, dass ein Bestandteil von Zimt krebserregend ist, heißt das nicht, dass man jetzt an seinen Weihnachtsplätzchen stirbt. Man müsste sich den Zimt schon täglich Löffelweise reinziehen, um sein Krebsrisiko zu erhöhen. Wahrscheinlich ist jeder Tag in der Sonne potentiell gefährlicher. Aber die gleichen Leute, die in der Folge solcher Berichte ihre Weihnachtsplätzchen ohne Zimt backen, fliegen in den Urlaub (mit jedem Flug setzt man sich auch einer nicht unerheblichen Strahlenbelastung aus), um mit Gewalt in kürzester Zeit so rot braun zu werden, wie's nur eben geht.

Darum habe ich mir mal angeschaut, was schon an Literatur zu dem Thema vorhanden ist. Tatsächlich wurde der positive Einfluss von Kakao (oder eher der hohe Flavenoid-Anteil) schon mehrfach nachgewiesen, allerdings immer nur in Kurzzeitstudien. Ein Review-Artikel fasst es so zusammen:
Based upon our systematic review, multiple lines of evidence from laboratory experiments and randomized trials suggest stearic acid may be neutral, while flavonoids are likely protective against CVD [cardiovascular disease], the latter of which is well supported by prospective observational studies that suggest flavonoids may lower the risk of CHD [coronary heart disease]mortality. Though it has been approximated that eating 50 g of dark chocolate per day may reduce one's risk of CVD by 10.5% (95% CI [confodence interval]: 7.0%–13.5%) [16], such crude estimates were based on results from studies of short duration, extrapolated to long term CVD outcomes. Therefore, the highest priority now is to conduct long-term randomized feeding trials, beyond short term studies of CVD risk factor intermediates, in order to definitively investigate the impact of chocolate consumption on cardiovascular outcomes.
[Quelle: Ding et al.,Chocolate and Prevention of Cardiovascular Disease: A Systematic Review. Nutrition & Metabolism (2006), 3: 2]

Ha, wo kann ich mich anmelden?

Thoughts in a Haystack kommt noch zu einer ganz anderen Schlussfolgerung:
Meanwhile, the Discovery Institute keep prattling on about flagellum when the news that chocolate is good for you is the best evidence of a benevolent God ... er ... Designer I've heard yet.
MfG,
JLT

P.S.: Fairerweise muss ich wohl erwähnen, dass es möglicherweise nicht wirklich ratsam ist, jeden Tag 50 g oder noch schlimmer 240 g (~ 8 ounces, wie in der Studie, die bei Thoughts in a Haystack erwähnt wird) Schokolade zu essen, erst recht nicht die maximal 35 % Kakaoanteil-Variante. Übergewicht ist auch wieder nicht gut. Aber im Fall von Schokolade reicht es mir schon, wenn sie tendenziell eher gesund als schädlich ist...


* Endothelzellen kleiden die Innenseite aller Blutgefäße aus. Sie haben eine ganze Reihe von Funktionen, so geben sie beispielsweise Signale an die Muskelzellen in der Arterienwand weiter, die sich daraufhin zusammenziehen oder auch entspannen können, wodurch die Durchblutung und auch der Blutdruck beeinflusst wird. Eine Dysfunktion der Endothelzellschicht ist an vielen Herz-Kreislauferkrankungen beteiligt, wie bei Arteriosklerose, und ist z. B. auch eine Folge von Diabetes, bei der eine mangelhafte Durchblutung zu schwerwiegenden Komplikationen wie Erblindung und Amputation führen kann.

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