23 August 2007

Sam Harris schreibt an Nature.

Sam Harris, Autor von 'The End of Faith' und 'Letters to a Christian Nation', ist mit einem Leserbrief in Nature vertreten. Aus Copyright-Gründen kann ich den nicht komplett wiedergeben, aber ich bringe mal die relevanten Ausschnitte (auch wenn es eine Schande ist, den zu kürzen). Hauptsächlich beschwert sich Harris darüber, dass sich Nature als wissenschaftliches Journal nicht eindeutig genug "die Unvereinbarkeit von Glaube und Vernunft" (the incompatibility of faith and reason) vertritt. So kritisiert er die Veröffentlichung eines Artikels, in dem der Autor Sardar dem Islam eine "intrinsisch rationale Weltsicht" (intrinsically rational world view) bescheinigt.

Sir

[...] Here, as elsewhere, Nature's coverage of religion has been unfailingly tactful — to the point of obscurantism.
[...]

In his Commentary, Sardar seems to accept, at face value, the claim that Islam constitutes an "intrinsically rational world view". Perhaps there are occasions where public intellectuals must proclaim the teachings of Islam to be perfectly in harmony with scientific naturalism. But let us not do so, just yet, in the world's foremost scientific journal.

Das zweite Beispiel bezieht sich auf die Besprechung von Francis Collins Buch 'The Language of God', die er als "noch ein Fall edelgesinnter Zimperlichkeit" (another instance of high-minded squeamishness*) bezeichnet.

Nature praises Collins, a devout Christian, for engaging "with people of faith to explore how science — both in its mode of thought and its results — is consistent with their religious beliefs".

But here is Collins on how he, as a scientist, finally became convinced of the divinity of Jesus Christ: "On a beautiful fall day, as I was hiking in the Cascade Mountains... the majesty and beauty of God's creation overwhelmed my resistance. As I rounded a corner and saw a beautiful and unexpected frozen waterfall, hundreds of feet high, I knew the search was over. The next morning, I knelt in the dewy grass as the sun rose and surrendered to Jesus Christ."

What does the "mode of thought" displayed by Collins have in common with science? [...]

At a time when Muslim doctors and engineers stand accused of attempting atrocities in the expectation of supernatural reward, when the Catholic Church still preaches the sinfulness of condom use in villages devastated by AIDS, when the president of the United States repeatedly vetoes the most promising medical research** for religious reasons, much depends on the scientific community presenting a united front against the forces of unreason.

There are bridges and there are gangplanks, and it is the business of journals such as Nature to know the difference.

Woohoo.

Der Nature-Titel zu diesem Leserbrief: "Scientists should unite against threat from religion".

Das wird den ganzen "Framern" nicht gefallen [zu "Framing" siehe z. B. 'Bullshit bleibt Bullshit' oder auch 'Eins noch, dann ist aber Schluss']. Wenn's nach denen ginge, würden Wissenschaftler in der Öffentlichkeit am Besten überhaupt nichts erwähnen, was irgendwem nicht in den religiösen Kram passen könnte.

Ich persönlich kann nicht wirklich finden, dass sich Nature zu sehr anbiedert. Einige haben beispielsweise die Veröffentlichung eines Leserbriefes von Maciej Giertych, eines polnischen Kreationisten, kritisiert, aber es gab auch Argumente, die dafür sprachen. Aus meiner Sicht war es beispielsweise für die europäischen Leser ein Zeichen dafür, dass Kreationsmus/ID eben nicht nur ein amerikanisches Problem ist.

Eine positive Besprechung von Collins Buch (hier eine nicht so positive von Sam Harris *snigger*) ist natürlich voll auf der Framing-Linie, und gar so enthusiastisch hätten sie auch nicht unbedingt sein müssen, aber grundsätzlich und im Allgemeinen ist Nature sehr eindeutig auf der Seite der Vernunft, da kann ich einen vereinzelten Ausrutscher verzeihen.

Trotzdem finde ich es wichtig und richtig darauf hinzuweisen, dass daraus kein Schmusekurs werden sollte.

MfG,
JLT



* Die englische Version hört sich natürlich viel besser an, wollte aber mit meiner Übersetzung so genau am Original bleiben wie möglich.

** Das bezieht sich auf die Forschung an humanen embryonalen Stammzellen. Hier die beiden Storys in der Washington Post zu seinem ersten Veto letztes Jahr und dem Zweiten im Juni diesen Jahres. Entgegen einer Mehrheit im Senat und tatsächlich auch einer Mehrheit in der Bevölkerung hat Bush eine Neuregelung im Alleingang verhindert, die die Erzeugung frischer Stammzelllinien ermöglicht hätte. Bisher darf niemand mit öffentlichen Geldern gefördert werden (das sind die allermeisten Institute), der mit Stammzelllinien arbeitet, die nach 2001 generiert wurden. Das ist ein de facto-Verbot. Die vor 2001 generierten Stammzelllinien sind aber mittlerweile entweder verloren oder überaltert, so dass es zunehmend die Forschung behindert. Gleiches trifft übrigens auch auf Deutschland zu.

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