30 May 2007

Jemand hat UD gekapert und durch eine Comedy-Site ersetzt.

Anders kann ich mir das nicht erklären. Das *kann* er [DaveScott von Uncommon Descent] nicht ernst meinen. Bitte, bitte, nicht.

Der Artikel wäre es wert, in seiner ganzen Absurdität wiedergegeben zu werden, aber aus Copyright-Gründen versuche ich mich mal zu beschränken (auch wenn's nicht leicht fällt).

Offensichtlich, so DS, hat in den letzten 20 Jahren das Pflanzenwachstum auf der Erde insgesamt (Net primary productivity) um 6 % zugelegt.
[...] Why is it that we don’t hear about this in the popular press? We are inundated with conjecture based on computer models of CO2 induced warming and the supposed ill effects of it. Yet when the facts are allowed to speak we see the earth blooming like a spring flower garden from higher temperatures and increased CO2. [...]
Außerdem zeigten Untersuchungen, dass Pflanzen bei höheren CO2-Konzentrationen Wasser effizienter nutzen können. Darum, so folgert DaveScott mit dem Bereich, den er höchstwahrscheinlich fälschlicherweise sein Gehirn nennt, den ich wiederum ganz anders bezeichenen würde, wenn ich nicht so wohlerzogen wäre (wenn ihr mir da folgen könnt):
In a rational world we’d be thrilled that this is happening and if we weren’t pumping CO2 into the atmosphere through fossil fuel burning to make the global greenhouse greener we’d be looking for some other way to increase atmospheric CO2. More CO2 is a good thing. [...]

For those friendly to intelligent design I’d ask if this relationship between fossil fuel, atmospheric CO2, increased plant growth, lengthening the growing season in higher latitude land masses, and better water efficiency is all just a happy coincidence that helps feed a growing human population or whether it’s not a coincidence at all but rather part of some larger plan for humanity.
So, jetzt alle zusammen: WHAT? Oups, ich meinte natürlich: WHAT?

In welchem Paralleluniversum befindet sich der Mann?

Und das alles (diese "happy coincidence" - man reiche mir ein neues Irony meter) ist Teil eines größeren Plans des ungenannten intelligenten Designers für die Menschheit.

Jetzt entschuldigt mich bitte, ich glaube, Teile meines Gehirns sind gerade implodiert.

MiG (Mit irrem Grinsen),
JLT



Unglaublich. Es ist alles eine Verschwörung gegen Amerika!
This is more evidence of that Global Warming is driven by an agenda which is punish the United States economically by making it agree to reduce carbon emissions. [...] The problem in the eyes of much of the rest of the world is the United States holds too much economic and military power and they want that reduced. Getting us to encumber our economic growth through CO2 emission reduction is one way of putting the brakes on growing economic and military power.
Ich halt's nicht aus. DaveScott, ein Bilderbuch-Crank. Man überreiche ihm einen Tin-foil hat (oder wenigstens einen Bauplan).

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29 May 2007

Wohl eher die Autoreifen.

Ich muss mich mal ganz kurz ein bisschen aufregen.

Auf Evolution & Schöpfung gibt es einen neuen Beitrag von Markus Rammerstorfer. Er beginnt:
Der Gedanke an Evolution ist in der biologischen Forschung ungefähr vergleichbar mit einem Mercedes-Stern: Hübsch anzusehen, wenn er gefällt, aber verzichtbar für die Funktion des Autos. Die Beispiele für Anwendungen der Evolutionsbiologie sind kurz und wenig beeindruckend.
Im folgenden zitiert er einen Nature-Artikel von Jerry A. Coyne [Selling Darwin. Nature 442, 983-984; nicht frei verfügbar]. Dieser Artikel ist die Besprechung eines Buches, in dem der Autor dieses Buches (The Evolving World: Evolution in Everyday Life by David P. Mindell. Harvard University Press: 2006) praktische Anwendungen der Evolutionstheorie anführt. Und Coyne findet das Buch bzw. die Haltung dahinter offensichtlich richtig schlecht.
The idea that the main virtue of science lies in its practical applications, especially in fighting disease or creating wealth, is a by-product of the American notion that everything comes down to the dollar. After all, in a country where Martin Luther King dreamed that people should be judged by the content of their character, they are still judged by the cost of their car. It is a peculiarly American objection to evolution that it can't cure cancer or make you rich. And some US biologists, steeped in a culture both mercenary and resistant to evolution, believe that to sell darwinism to people we must show them how darwinism helps people to sell.

This is the motivation for David Mindell's engaging book The Evolving World. As he notes: "When a concept and its resulting applications become useful, people tend to embrace the applications and, eventually, the underlying concepts. It is difficult to argue with success." Indeed. Other fascinating aspects of science may lack practical application (work on black holes, for instance), but these apparently don't need justification because they don't strike at the core of human values as evolution seems to do.
Im folgenden kritisiert Coyne einige von Mindells Beispielen zur praktischen Anwendung der Evolutionsbiologie, z. B.
Mindell likewise gives a readable account of evolutionary theory in medicine. Phylogenetic analysis has helped us trace the animal origins of human pathogens such as anthrax, tuberculosis, AIDS and influenza, as well as more specific routes of infection; for example, the testimony of a systematist helped convict a Louisiana doctor of injecting his mistress with HIV-infected blood. And darwinian medicine gives insight into why virulence and transmission are evolutionarily connected: malaria, reliant on the mosquito vector, leaves its victims prostrate and susceptible to bites, whereas the common cold, spread through the air, leaves its victims free to move around. But an evolutionary viewpoint has not led to cures, so its contribution to medicine has been more heuristic than practical.
Coyne zieht das Fazit:
In the end, the true value of evolutionary biology is not practical but explanatory. It answers, in the most exquisitely simple and parsimonious way, the age-old question: "How did we get here?" It gives us our family history writ large, connecting us with every other species, living or extinct, on Earth. It shows how everything from frogs to fleas got here via a few easily grasped biological processes. And that, after all, is quite an accomplishment.
Zusammengefasst vertritt Coyne also die Meinung, dass Evolutionsbiologie* eher Grundlagenforschung ist als Forschung mit dem Ziel einer praktischen Anwendung und sich ihre Relevanz durch ihre Erklärungsmacht ergibt.
Die krampfhafte Suche nach Beispielen für ihre praktische Anwendung, um den Amerikanern die Evolutionstheorie durch ihren finanziellen Nutzen für sie schmackhaft zu machen, hält er für verfehlt, vor allem auch, da die wenigen Beispiele für eine kommerzielle Nutzung auch noch aus dem Bereich der Mikroevolution stammen, die soundso schon von einer Mehrheit akzeptiert wird. Um die Akzeptanz für die Evolutionstheorie in ihrer Gesamtheit zu erhöhen, ist das Aufzeigen noch so vieler Beispiele ihres praktischen Nutzens seiner Meinung nach kein sinnvoller Weg, vor allem, da die meisten Leute Evolution soundso nicht wegen ihrer mangelnden Kommerzialisierbarkeit ablehnen würden, sondern weil in ihren Augen Evolution eine Gefährdung moralischer Werte bedeutet.
One reason why Mindell might fail to sell Darwin to the critics is that his examples all involve microevolution, which most modern creationists (including advocates of intelligent design) accept. It is macroevolution — the evolutionary transitions between very different kinds of organism — that creationists claim does not occur.
But in any case, few people actually oppose evolution because of its lack of practical use. As with my Alaskan interlocutor, they oppose it because they see it as undercutting moral values.
All das erkennt Markus Rammerstorfer an, aber er gibt dem Ganzen einen anderen Dreh. Er schreibt als Kommentar zu dem obigen Zitat (unter Auslassung des letzten Satzes):
Das Problem mit der Evolutionsbiologie als angewandte Wissenschaft ist also, dass Beispiele, die ihren Erfolg dokumentieren (sollen), nicht die Akzeptanz einer allgemeinen Evolution erfordern. Und dort wo sie die Akzeptanz einer allgemeinen Evolution erfordern würden - etwa bei der Erklärung von Wirbelsäulenproblemen - geht auch schon die Anwendung verloren, bzw. ist der Ansatz nicht überzeugend und zu spekulativ.
Richtig ist, dass die Evolutionsbiologie beispielsweise Rückenprobleme erklären kann, aber sich aus dieser Erklärung keine Heilungsmethoden ergeben. Das liegt aber nicht daran, dass der Ansatz nicht überzeugend ist oder zu spekulativ wäre. Um es an diesem Beispiel zu verdeutlichen: Nehmen wir mal an, es wäre wirklich 100 %ig bewiesen, dass viele Rückenprobleme aus der Tatsache resultieren, dass unsere Vorfahren sich vierbeinig anstelle von zweibeinig fortbewegt hätten. Wie sollte eine "makroevolutionäre" Intervention aussehen? Eine Zeitreise machen und alle unserer Vorfahren erschießen, die sich auf zwei Beine aufrichten?
Der Grund, warum es keine praktische Anwendung aus dem Bereich der Makroevolution gibt, ist, dass es sie nicht geben kann. Der Zeitrahmen ist ein völlig anderer. Dass die praktische Anwendbarkeit einer Theorie keinerlei Relevanz für ihre Richtigkeit darstellt, scheint auch MR klar zu sein, denn im nächsten Absatz schreibt er:
Ursprungsforschung sollte nicht an "Nützlichkeit" bzw. den Anwendungen gemessen werden, die sie hervorbringt und schon gar nicht an deren kommerziellen Erfolg.
Aber dies leiter er wiederum mit einer irreführenden Bemerkung ein, einem klassischen Strohmann:
Um Mißverständnisse zu vermeiden: Nur weil evolutionstheoretische Erwägungen und Theorien in der biologischen Forschung eine geringe Rolle spielen und wenig Anwendungen in der Praxis erzeugen, ist das kein Argument gegen diese.
Aus der Evolutionsbiologie ergeben sich wenige praktische Anwendungen, ja, aber dass heißt NICHT, dass sie in der biologischen Forschung keine Rolle spielen, ganz und gar nicht.

An meinem Institut arbeiten wir mit humanen Zellen, aber auch mit Zellen von beispielsweise Ratte, Maus oder Kaninchen. Murine Zellen können in vieler Hinsicht als Modell für menschliche Zellen genommen werden, die grundsätzliche Funktionsweise ist gleich. Aber die Übertragbarkeit der Daten, die durch Untersuchungen mit murinen Zellen gewonnen wurden, auf die Verhältnisse beim Menschen ist nicht vollständig. Es gibt immer auch kleine Unterschiede, dessen muss man sich bewusst sein.

Nun kann man das einfach so akzeptieren und hinnehmen, eine nicht sehr wissenschaftliche Haltung. Man kann aber auch nach Erklärungen dafür suchen und Überraschung, die Evolutionstheorie erklärt es.

Sie erklärt auch, warum in einem anderen Modellorganismus, C. elegans (ein Nematode), viele grundlegende Stoffwechselwege wie z. B. Apoptose immer noch relativ ähnlich zu denen in Säugetierzellen ablaufen, wenn auch die Unterschiede im Einzelnen sehr viel größer sind, und warum es überhaupt möglich ist, selbst Tiere wie C. elegans und D. melanogaster, die so unähnlich zum Menschen erscheinen, als Modellorganismen verwendet werden können.
Much of the understanding of cell death has come from genetic studies in the nematode C. elegans by which several genes have been identified that function in the apoptotic killing and elimination of 131 of the initially 1090 somatic cells that are generated druing hermaphrodite development [Hengartner, 1999]. The proximal cause of apoptosis in C. elegans is the activation of the cysteine protease ced-3, which is mediated by its oligomerization at the activator protein ced-4. Activity of the ced-3/ced-4 complex is regulated by the apoptosis inhibitor ced-9 and the apoptosis inducer egl-1 (Figure 3). Subsequent studies in mammals and in the fly, D. melanogaster, have identidied counterparts for these C. elegans genes, demonstrating that the core components of the cell death machinery are conserved through evolution [Richardson, 2002]. Accordingly, ced-3 is the single C. elegans member of a family of cysteine proteases, the caspases, whereas ced-4 corresponds to the mammalian apoptotic protease activating factor 1, Apaf-1, which is the core of a caspase-activating signalling complex, the apoptosome. Egl-1 and ced-9 are members of the Bcl-2 family of pro- or antiapoptotic proteins, respectively, which play an important role in the mediation and regulation of apoptotic signalling pathways. All of those central components will be discussed within the following paragraphs. [...]

The term caspases is derived from cysteine-dependent aspartate-specific proteases: their catalytical activity depends on a critical cysteine-residue within a highly conserved active-site pentapeptide QACRG, and the caspases specifically cleave their substrates after Asp residues. So far, 7 different caspases have been identified in Drosophila, and 14 different members of the caspase-family have been described in mammals, with caspase-11 and caspase–12 only identified in the mouse [Denault, 2002; Richardson, 2002]. According to a unified nomenclature, the caspases are referred to in the order of their publication: caspase-1 is ICE (Interleukin-1ß-Converting Enzyme), the first mammalian caspase described to be a homologue of Ced-3 [Creagh, 2001; Miura, 1993].
[Quelle: Celldeath.de]

Dies ist nur ein Beispiel von buchstäblich Tausenden.
All diese Funde können durch eine gemeinsame Abstammung und Evolution erklärt werden und machen auch nur so Sinn.

Oder um es mit dem altbekannten Dobzhansky-Zitat zu sagen:

Seen in the light of evolution, biology is, perhaps, intellectually the most satisfying and inspiring science. Without that light it becomes a pile of sundry facts some of them interesting or curious but making no meaningful picture as a whole.

[Quelle: "Nothing in Biology Makes Sense Except in the Light of Evolution", The American Biology Teacher, March 1973, p. 129.]


Zu sagen, dass die Evolutionstheorie in der biologischen Forschung keine Rolle spielt, ist so, als würde man sagen, dass Physik/Optik für eine Kamera keine Rolle spielt. Natürlich kann jeder Depp sich eine Kamera kaufen und damit Photos machen, ohne von Optik eine Ahnung zu haben. Aber Sinn macht die ganze "Methode" nur, wenn man über Optik Bescheid weiß.

Oder wenn man es unbedingt mit Autoteilen vergleichen will, dann wäre Evolutionsbiologie nicht der Mercedesstern, sondern wohl eher die Reifen.

MfG,
JLT


* Für einen Querschnitt, was alles in den Bereich der Evolutionsbiologie fällt, siehe z. B. hier [Max-Planck-Gesellschaft, Forschungsbereich: Entwicklungs- und Evolutionsbiologie/Genetik].



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Werbung.

Heute möchte ich tatsächlich auch mal einen Blog vorstellen und zwar nicht nur, weil der Autor des Blogs, R. Ford Denison (Adjunct Professor im Department of Ecology, Evolution, and Behavior der University of Minnesota), den guten Geschmack bewiesen hat, in seinem neuesten Beitrag ("Coevolution and gene flow") u. a. auf einen Artikel einzugehen, den ich auch schon besprochen habe...

Vielmehr stelle ich seinen Blog - This Week in Evolution - vor, weil er zu einer wirklich raren Spezies gehört: ein Science Blog (fast) ausschließlich über Science (*gasp*). Und das auch noch auf durchweg hohem Niveau, unterhaltsam, verständlich und manchmal auch mit einem Augenzwinkern. Mal ganz abgesehen davon, dass er so was von qualifiziert ist, über Evolution zu schreiben, dass ich mir im Vergleich vorkomme wie eine Dilettantin. Könnte natürlich daran liegen, dass ich eine bin (jedenfalls im eigentlichen Sinn des Wortes).

Hier sein "About":
Each week, I plan to discuss a scientific paper that meets the following criteria:
1) published during the previous month;
2) about some aspect of evolution;
3) published after peer review in a journal with a citation impact of at least 1.0 (i.e., no third-tier journals);
4) containing significant amounts of data, not just mathematical modeling or discussion.
Absolut empfehlenswert.

MfG,
JLT

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Ein kleiner Fingerzeig.

Ich wusste gar nicht, was man so alles an der Fingerlänge* ablesen kann - jedenfalls angeblich. Letzte Woche gab es einen Artikel in ScienceNOW zu einer Veröffentlichung in der Mai-Ausgabe des British Journal of Psychology [Brosnan, Digit ratio as an indicator of numeracy relative to literacy in 7-year-old British schoolchildren. British Journal of Psychology, 30. März 2007 DOI: 10.1348/000712607X197406].
Boys with the longest ring fingers relative to their index fingers tend to excel in math, according to a new study. In girls, shorter ring fingers predict better verbal skills. The link, according to the researchers, is that testosterone levels in the womb influence both finger length and brain development.

Scientists have been interested for years in the observation that ratios of finger lengths differ in men and women. In men, the ring (fourth) finger is usually longer than the index (second); their so-called 2D:4D ratio is lower than 1. In females, the two fingers are more likely to be the same length. Because of this sex difference, some scientists believe that a low ratio could be a marker for higher prenatal testosterone levels, although it's not clear how the hormone might influence finger development. The 2D:4D ratio has also been fingered in connection with brain-related characteristics--most often in males--such as depression, left-handedness, musical ability, and homosexuality.
[Quelle: ScienceNOW]

Eine Google-Suche ergab außerdem noch einen Zusammenhang zwischen Aggressivität und Fingerlängen-Verhältnis:
In the current study, Dr Peter Hurd and his student Allison Bailey measured the fingers of 300 undergraduates at their university.

Men with the shortest index fingers scored higher on measures of physical aggression than those with longer index fingers, but the study's findings did not apply to women.
[Quelle: BBC]

Ein Zusammenhang zwischen Risiko eines Herzinfarktes und Fingerlängen-Verhältnis:
Lead researcher Dr John Manning told the BBC: "Males tend to have a relatively longer ring finger compared to the index finger than females.

"This is a very early trait and it is under the influence of sex hormones.

"For a man, the ring finger tends to be about 2% longer than the index finger. The longer your ring finger, the more protected you are against heart attack, because the more testosterone you have.

"There is a relationship between the ratio between these two finger lengths and the age at heart attack of people who do have heart attacks."
[Quelle: BBC]

Ein Zusammenhang mit Fruchtbarkeit:
Manning links the proximate causes of digit ratio sexual dimorphism to the effects of sex hormones during early fetal development. He believes the evidence is persuasive, but not yet definitive, that higher levels of testosterone during this critical developmental stage facilitates the growth of the ring finger, while higher levels of estrogen facilitates the growth of the index finger. He states: “In general, it seems that 2D:4D is the most reliable of the predictors of hypermasculinization…” (p. 139). One of the consequences of hypermasculinization, as reflected by the digit ratio, may be higher levels of fertility in men and lower levels of fertility in women. He also suggests that hypermasculinization increases the likelihood of homosexuality or bisexuality, in both males and females.
[Quelle: Mills, Book Review of 'Digit Ratio: A Pointer to Fertility, Behavior and Health" by John T. Manning, NJ: Rutgers University Press. 2002. In: Human Nature Review 2002 Volume 2: 418-423]

Ich könnte wahrscheinlich noch länger so weiter machen.

Ich stimme völlig mit Omni Brain (der zwei weitere Beispiele bringt) überein: Korrelation ist nicht Ursache. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Fingerlänge und Testosteron-Level während der Schwangerschaft? Toll. Das Testosteron-Level hat einen Einfluss auf die Gehirn-Entwicklung? Interessant. Aber darum Fingerlänge und mathematische Begabung, sexuelle Orientierung oder Aggressivität in Zusammenhang zu bringen - das hat für mich was von Handlesen und Küchenpsychologie.

MfG,
JLT


[Bild-Quelle]


*Bestimmt werden die Länge des Zeige- (2D) und Ringfingers (3 4D) und das Verhältnis der beiden zueinander bestimmt (2D:4D):
Digit ratios were obtained from photocopies taken of each child’s hands (see Manning, Fink, Neave, & Caswell, 2005). [...] The 2nd and 4th digit of both the left and the right hands were measured using digital vernier callipers, accurate to 0.01 mm. Measurements were taken from the basal crease to the central tip of each finger.
[Quelle: Brosnan (2007)]

Für eine weitere Kritik, warum Fingerlängen-Bestimmung Handlesen ist und dazu ein paar Bilder, wie's gemacht wird: Open Reading Frame

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28 May 2007

Jurassic Park meets Waterworld. Oder so.

Am lächerlichsten an der ganzen Young Earth/Creation "Museum"/Answers in Genesis-Geschichte finde ich ja immer wieder die Vorstellung, Menschen und Dinosaurier hätten friedlich zusammen gelebt. Haben die denn nie Jurassic Park gesehen?

Aber mal ernsthaft, nach allem, was man bisher so über jagende Dinosaurier herausgefunden hat, bin ich verdammt froh, dass die vor ein paar Millionen Jahren ausgestorben sind. Und jetzt stellt sich heraus, dass einige möglicherweise auch noch schwimmen konnten.
As a northeasterly wind whips against the shore, a meters-long dinosaur plunges into the shallow lake. Working hard, the predator takes strong strides with its hind limbs through the shoulder-deep water. The current is so strong that the beast must constantly fight to stay on course, but it succeeds, heading straight across the water. That's the story told by a remarkable set of fossilized footprints, described in the June issue of Geology, that provide the first hard evidence of predatory dinosaurs traveling in water. [...]

With three telltale toemarks on each print, the tracks clearly belonged to a major group of bipedal, carnivorous dinosaurs called theropods. But the tracks themselves were different. When theropods walk on land, they typically leave claw marks and an imprint of the foot itself. The lack of the footprint suggested that this animal was not supporting its weight. A sedimentologist on the team confirmed that ripple marks in the stone had been created by currents in water 3.2 meters deep.

Another unusual feature of the new tracks was that the feet were placed 44 centimeters apart. Moreover, the dinosaur seems to have spread its legs, so that the feet were somewhat pigeon-toed. The orientation of the footprints with respect to the ripples shows the animal was efficiently battling its way against the current. "That suggests that it was a very good swimmer," Costeur says. [...]

It's not clear which particular theropod made the tracks, but it was clearly big. The toe marks are typically 15 centimeters wide and 50 centimeters long, and the underwater stride was about 2.5 meters long. One candidate is Neovenator, which was 7-8 meters long and is known from the United Kingdom.
[Quelle: ScienceNOW]

Ehrlich, das muss ich mir für meine nächste Zeitreise merken. Auf der Flucht vor fleischfressenden Dinosauriern *nicht* in den nächsten Teich springen, statt dessen vielleicht lieber auf den nächsten Baum klettern.

Aber vorher möchte ich noch wissen, wie man anhand der Riffelung des Steins erkennen kann, wie tief das Wasser war, auf 10 cm genau. Da hat der Autor des ScienceNOW-Artikels doch irgendwas ausgelassen. Entweder das, oder es gibt tatsächlich Leute, die sich mit der Ausmessung von Riffelungen auf dem Grund unterschiedlich tiefer, breiter und mit verschiedenen Geschwindigkeiten fließenden Flüsse beschäftigen.

Wenn ich so drüber nachdenke, natürlich letzteres. Ich meine, wenn's Menschen gibt, die (mit durchaus ernsthaftem Hintergrund) erforschen, dass die Anopheles-Mücke im gleichen Maße vom Geruch menschlicher Füße wie von dem Limburger Käses angezogen werden, dann erscheint das doch nicht gar so unwahrscheinlich.

MfG,
JLT


Ezquerra et al., Were non-avian theropod dinosaurs able to swim? Supportive evidence from an Early Cretaceous trackway, Cameros Basin (La Rioja, Spain). Geology, Vol. 35(6): 507-510 [auch Bild-Quelle]


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"OH NOES!"

[Bild-Quelle via denialism blog; das ist übrigens Behe, für diejenige, die ihren favorisierten IDler noch nicht so gut kennen...]

Ich muss zugeben, dass ich keine Ahnung habe, wie diese letzte Mode [noch mal Behe via Stranger Fruit] entstanden ist - das hat mich aber nicht daran gehindert, nebenstehende Kreation lustig zu finden.

MfG,
JLT

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27 May 2007

Ihr Kinderlein kommet.

Heute wird das Creation "Museum" von Ken Ham, dem Präsidenten von Answers in Genesis, eröffnet [Bild-Quelle]. Wer schon mal von AiG gehört hat, den wird es nicht wundern, was in diesem "Museum" gezeigt wird: Die Erde ist 6000 Jahre alt, die sechs Tage der Schöpfung, Menschen haben bis zur Sintflut mit Dinosauriern zusammen gelebt, Flut-"Geologie", das ganze Brimborium.

Zielgruppe dieser Augenwischerei sind wohl vornehmlich Kinder, wenn man sich die Comicbuch-Qualität der "Ausstellungsstücke" betrachtet, was das Ganze etwas weniger lustig macht. Aber es gibt Hoffnung, meiner Meinung nach kann schon ein(e) halbwegs kritisch denkende(r) Achtjährige(r) die Fassade durchschauen.

Auf Pharyngula gibt's einen Blog-Karneval mit Links zu dem Thema. Da bin ich auch auf den folgenden Link zu einem Post [No More Hornets] gestossen, das sich mit der in dem ganzen Wirbel um das Creation-"Museum" vernachlässigten "Creation Art Gallery" beschäftigt, die ebenfalls heute eröffnet wird, und ein paar der dort ausgestellten Stücke zeigt. Viel Spaß damit!

MfG,
JLT

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25 May 2007

Was uns mit Stören verbindet.

Neil H. Shubin ist ein Name, den man sich wirklich merken muss. Erst war er 2004 an dem Fund von Tiktaalik roseae, eines Tetrapoden-artigen Fischs, beteiligt, mit dem eine weitere Lücke im Fossilnachweis für den Übergang vom Wasser zum Land geschlossen werden konnte (siehe hier für einen weiteren "Lückenbüßer"). Jetzt hat er einen weiteren Coup gelandet, nicht durch einen neuen Fossilfund, sondern durch seine Untersuchung der Flossenentwicklung beim Löffelstör (Polydon spathula) [Davis et al., An autopodial-like pattern of Hox expression in the fins of a basal actinopterygian fish. Nature 447, 473-476 (24 May 2007)].

Anders als bisher angenommen, ist das Muster der Genaktivierung, das bei Tetrapoden zur Ausbildung von Gliedmaßen während der Embryonalentwicklung führt, ein sehr primitives Merkmal, d. h. schon bei den Stören zu finden. Bisher hatte man angenommen, dass dieses Muster eine "Neuentwicklung" der Tetrapoden war, da Zebrafische, die als Modellorganismen verwendet werden, dieses Muster nicht aufweisen. Jetzt zeigt es sich, dass "moderne" Fische (wie Zebrafische) diese Art der Genaktivierung offenbar erst sekundär "verloren" haben.
Tetrapods have a second phase of Hox gene expression that happens later in development. During this second phase, hands and feet develop. Although this second phase is not known in zebrafish, the scientists found that it is present in paddlefish, which reveals that a pattern of gene activity long thought to be unique to vertebrates with hands and feet is in fact much more primitive.

This is the first molecular support for the theory that the genes to help make fingers and toes have been around for a long time—well before the 375-million-year-old Tiktaalik roseae, the newly found species discovered in 2004 by Shubin and colleagues. Tiktaalik provided a missing evolutionary link between fish and tetrapods and was among the first creatures that walked out of water onto land.

Prior to this find, scientists had little evidence of where the wrist came from. A popular theory, one Shubin himself subscribed to, was that it was a novel development—that genetic variance gave rise to an entirely new function.

What Tiktaalik revealed morphologically, Shubin, Davis and Dahn have proven genetically.
[Quelle: New genetic data overturn long-held theory of limb development. The University of Chicago Press Release]

Mehr zu dem Thema gibt's von Carl Zimmer [The Loom], wie immer ein sehr guter Artikel.

MfG,
JLT

[Bild-Quelle: Wikipedia]




Dies ist mein 150stes Post! Kaum zu glauben...

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22 May 2007

Verrückt.

[Bildquelle: I Drew This; Klicken zum Vergrößern]

Da hat wohl einer Richard Dawkins gelesen...

MfG,
JLT

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17 May 2007

Unfreiwillig komisch.

Die Leute bei Uncommon Descent müssen wirklich verzweifelt sein. Anders kann ich mir eine Argumentation wie die von dacook nicht erklären: Fruchtfliegen zeigen Anzeichen von spontanen Variationen ihres Verhaltens* (anstatt sich "wie mechanische Roboter", also komplett determiniert, zu verhalten), deswegen haben Menschen einen freien Willen, deswegen ist die Evolutionstheorie falsch. WTF?
Of course standard Darwinian orthodoxy denies the reality of free will.
Though many Darwinists shy away from the implications of their beliefs as they apply to ascribing responsibility for human behavior, their position demands that all behavior is determined by the genetic heritage of selfish genes. If free will in fact exists, it must exist outside the deterministic universe of materialism.
Das ist kompletter Unsinn.

Die Frage, ob all unsere Verhalten (letztendlich) durch unsere Gene bestimmt ist, existiert völlig unabhängig von der Herkunft dieser Gene. Nehmen wir mal an, wir wüssten, dass uns Aliens zusammengebastelt hätten. Das würde genauso wenig einen freien Willen widersprechen oder belegen, wie es common descent with modifications tut. Die Frage, ob es einen freien Willen gibt, bezieht sich auf den status quo, nicht die Herkunft. Auch, wenn ich mal für einen Moment annähme, die IDler hätten recht, und ein Designer hätte tatsächlich ab und an ein paar Gene zusammengezaubert, spräche das weder für noch gegen einen freien Willen.

Es gibt Untersuchungen, die gezeigt haben, dass die bewusste Entscheidung, eine Hand zu bewegen, anscheinend "getroffen" wird, nachdem der Impuls dazu im Gehirn messbar ist. Das Gehirn interpretiert die tatsächliche Reihenfolge (unbewusster Impuls -> bewusste "Entscheidung") erst im Nachhinein um. Diese (wenn auch nicht unumstrittenen) Ergebnisse gäbe es auch, wenn sich die komplette Evolutionstheorie in Luft auflösen würde.

Nochmal, die Zusammensetzung unseres Genoms ist entweder das Resultat rein natürlicher Einflüsse oder nicht. Ob die Zusammensetzung unseres Genoms unser Verhalten bestimmt, ist eine komplett andere Frage.

Und wo wir schon mal dabei sind, Wissenschaft im allgemeinen schließt nicht kategorisch aus, dass es etwas außerhalb der physischen Welt gibt. Gegenstand von Wissenschaft können nur testbare und auf die physische Welt zurückführbare Dinge sein, Übernatürliches kann weder falsifiziert noch verifiziert werden. Um wissenschaftliche Untersuchungen sinnvoll zu machen, muss man annehmen, dass es für alles eine natürliche Ursache gibt. Gäbe es übernatürliche und damit nicht vorhersagbare Ursachen, könnte man Ergebnisse von Versuchsreihen nicht ins Allgemeine übertragen, da dann ja diese Ergebnisse entweder Folge von übernatürlichen Ursachen sein oder die Ergebnisse des nächsten Versuchs durch irgendwelche übernatürlichen Einflüsse völlig anders aussehen könnten. Ohne einen methodischen Materialismus wäre Wissenschaft unmöglich, das entspricht aber nicht (unbedingt) dem philosophischen Materialismus.
Evidence for free will is evidence against Darwinism, no matter how it is spun.
Egal, wie sich der Autor dieses Blödsinns dreht und wendet, "evidence for free will" ist kein Beweis gegen "Darwinismus".
Im übrigen gibt es beispielsweise auch einen theologischen Determinismus.
Theological determinism is the thesis that there is a God who determines all that humans will do, either by knowing their actions in advance, via some form of omniscience [7] or by decreeing their actions in advance [8]. The problem of free will, in this context, is the problem of how our actions can be free, if there is a being who has determined them for us ahead of time.
MfG,
JLT

[edit] Habe gerade auch noch eine schöne Antwort von den Denialists auf das UD-Post gefunden. [/edit]

Maye et al., Order in Spontaneous Behavior, PLoS ONE 2(5): e443

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15 May 2007

Deadlines, again!

So, wie angekündigt, es ist mal wieder so weit. Erst geht's morgen und übermorgen zu einem Institut-internen "Wo sind wir jetzt und wo geht's hin"-Meeting (OHNE Internet-Anschluss!) und Freitag ist dann ein Mini-Kongress angesagt, auf dem ich was zu präsentieren habe - und natürlich bin ich noch nicht fertig! Himmel, man sollte doch meinem, dass mit dem Alter auch etwas Weisheit käme und ich mal irgendwann zwei, drei Tage vorher mit allem fertig wäre. Aber nein.
Also, ich bitte um etwas Geduld. Möglicherweise werde ich übersprungshandlungsmäßig trotzdem was bloggen, aber ich möchte nicht zu viel versprechen.

MfG,
JLT

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12 May 2007

Schildkröten-Sex.

Nach Panda-Porno jetzt auch noch Schildkröten-Sex. Bald gehen mir die Alliterationen aus.
According to the Guinness Book of World Records Lonesome George, a native of Pinta, an isolated northern island of the Galápagos, is the "rarest living creature." By the late 1960s, it was noted that the tortoise population on this island that is visited only occasionally by scientists and fishermen, had dwindled close to extinction, and in 1972, only this single male of the species Geochelone abingdoni was found.
[Quelle: ScienceDaily; Bild-Quelle: Prof. Sepp Friedhuber]

Bis vor kurzem hat man angenommen, dass Lonesome George wirklich und unumstößlich der letzte lebende Vertreter seiner Art ist. Aber in der Current Biology-Ausgabe vom 30. April berichten Wissenschaftler*, dass es möglicherweise doch noch Hoffnung gibt, eine weibliche Pinta-Schildkröte zu finden.
New research led by biologists Adalgisa Caccone and Jeffrey Powell in the Department of Ecology and Evolutionary Biology at Yale, with the strong support and cooperation of the Galápagos National Park and Charles Darwin Research Station, has identified a tortoise that is clearly a first generation hybrid between the native tortoises from the islands of Isabela and Pinta. That means, this new tortoise has half his genes in common with Lonesome George.
[Quelle: ScienceDaily]

Aber offensichtlich ist Lonesome George nicht sonderlich interessiert an Sex.
George is not what you would call a stud. When I visited him in 1985, he was thought to be a relatively young adult, maybe 50 years old, but he was already a confirmed bachelor. He hadn’t shown any interest in two females of a similar species placed in his pen. One had flipped over and drowned in the wading pool. The keepers weren’t positive that George had driven this tortoise to her death, but he definitely hadn’t been doing any Barry White serenades.

A few years later, in 1993, there was briefly a companion known as “Lonesome George’s girlfriend,” but she was not a tortoise. She was a 26-year-old graduate student in zoology from Switzerland named Sveva Grigioni.

By coating her hands in the genital secretions of female tortoises and gently stroking him, she managed to demonstrate a couple of times (in the course of several months’ work) that George was capable of an erection. But whereas her touch could induce other male tortoises to reach orgasm within a few minutes, with George she never managed to collect any sperm. [...]

If Eve [Anm.: eine weibliche Pinta-Schildkröte als Partnerin für ihn] is found, humans just have to do a little more work. George needs to be primed. Sending Ms. Grigioni back to work would be a start, and George could also learn by watching other males in action, as some biologists have proposed. Dr. Nicholls even raises the possibility of showing instructive videos to George — and if tortoise porn is what it takes, I say go for it.
[Quelle: New York Times]

"Instructive videos" für Schildkröten? Na, ob das hilft, wenn schon Schweizer Handmassagen keine Resultate erbringen...

MfG,
JLT


via Omni Brain

* Russello et al., Lonesome George is not alone among Galápagos tortoises. Current Biology, Volume 17, Issue 9, 1 May 2007, Pages R317-R318

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Bin ich froh, dass dieser Parasit keine Menschen befällt.

Sähe auch ziemlich komisch aus, Menschen mit Wurmaugen, die auf Wolkenkratzern rumstehen.



via Living the Scientific Life (Scientist, interrupted)

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Ich werde sentimental.

Afarensis hat ein Post über diesen ScienceDaily-Artikel ("Life as a dog means faster mutations") und die Doktorarbeit, auf der der Artikel basiert. Daraus stammt der folgende Auszug:

The earliest evidence of the close association between dog and human, on the other hand, is dated 10 000–12 000 years ago. The finding corresponds to a burial of an elderly person, with the left hand placed on the thorax of a 4–5 month old puppy ...

Das Bild dazu ist anrührend.

Während es eine ganze Reihe von Informationen darüber gibt, wie Menschen zu der Zeit gelebt haben, wissen wir wenig darüber, was sie geglaubt haben könnten oder wie ihr "Gefühlsleben" aussah. Dieses Bild gibt mir einen kleinen Einblick.

Zugegebenermaßen könnte ich natürlich auch durch meine Sentimentalität total fehlgeleitet sein und es ist nicht etwa der geliebte Hund der älteren Person, sondern man hatte eh gerade ein Loch gegraben und wollte noch schnell einen überzähligen Welpen loswerden.... Ich ziehe eindeutig die sentimentale Deutung vor. Da. Ich bin ein Opfer meiner Hormone oder so.

MfG,
JLT

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11 May 2007

Das Opossum von A bis T.

Passend zu meinem Post über Casey Luskin und seine Behauptung, dass Wissenschaftler ohne ID nie auf die Idee gekommen wären, nach Funktionen in non-coding DNA zu schauen, ist jetzt dieser Artikel in Nature erschienen, dessen Autoren das nun vollständig sequenzierte Opossum-Genom unter anderem nach konservierten nicht-codierenden Elementen durchsucht haben:

Mikkelsen et al., Genome of the marsupial Monodelphis domestica reveals innovation in non-coding sequences. Nature 447, 167-177 (10 May 2007)

The Loom hat ein hervorragendes Post zu dem Thema. Als Appetizer:

But the opossum is also interesting for what it tells us about our evolutionary history. If we examine the genome of a monkey or a horse or a dog, we're still looking relatively close relatives. Like us, each of them is yet another variation on the placental mammal. We all share an ancestor that already had a placenta and a lot of other biological features. Until today, we had to travel very far beyond placental mammals to find another relative whose genome has been sequenced: the chicken. The common ancestor of chickens and us was a cold-blooded reptile-like creature that lived 300 million years ago. So the opossum falls nicely right in the middle of that gap.

Once the opossum team sequenced the raw code of the genome they began to dissect it. They counted up 18,648 genes (remarkably close to our own total at the moment). They matched opossum genes to related versions in placental mammals, and also looked at the parts of the genome that don't encode proteins. They looked at the chromosomes of opossums as well. Over time, giant chunks of mammal chromosomes also get flipped in reverse, and by comparing the opossum genome to other mammal genomes, scientists can reconstruct the overall look of the chromosomes of our common ancestor some 180 million years ago.
MfG,
JLT


[edit]Uncommon Descent hat auch was zum Opossum-Genom zu sagen. Offensichtlich bekommen sie dabei einiges nicht so ganz auf die Reihe, siehe Denialism blog.[/edit]

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Ich pfeif auf Gene.

Wer schon immer mal wissen wollte, wie Gene klingen, kann es jetzt ausprobieren. Bei Gene2music kann man seine bevorzugte Gensequenz eingeben und sie in Musik umwandeln lassen. Ich habe es mit humanem NFkappaB, subunit 1 [ein Transkriptionsfaktor; die Nukleotidsequenz ist weiter unten auf der Seite] ausprobiert und war von dem Ergebnis positiv überrascht. Sehr modern, aber nicht ohne Spannung.
Wem das zuviel Arbeit ist, oder wer nicht seine Email-Adresse angeben will, um in den Genuss der gesamten "Komposition" zu kommen, kann sich auch ein paar Beispiele anhören.

Als Randbemerkung: Gestern habe ich ein Post von jemanden gelesen, der hofft, dass seine Vorliebe für xkcd-Comics seinen Nerd-Status als Software-Entwickler nicht noch verschlimmert. Das konnte ich natürlich nicht unkommentiert lassen (immerhin habe ich auch einen permanenten Link zu xkcd...). Und hier möchte ich noch hinzufügen: Du denkst, dass Du ein Nerd bist? Diese Leute sind Biologen und schreiben eine Software, die Gensequenzen in Musik umwandelt. DAS sind Nerds.

Zu beurteilen, was es über mich aussagt, dass ich das lustig finde, überlasse ich mal dem geneigten Leser.

MfG,
JLT

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Aus Alt mach Neu.

The PNAS Early Edition webpage has just posted a series of papers from the December 2006 National Academy of Sciences Sackler Colloquium, “In the Light of Evolution: Adaptation and Complex Design,” organized by Francisco Ayala and John Avise. The series of papers, on topics ranging from color vision to beetle horns, is now available.
[Quelle: Panda's Thumb]

Als kleines Betthupferl...

MfG,
JLT


[Klicken zum Vergrößern; Bild-Quelle: Eugenie C. Scott, and Nicholas J. Matzke, Biological design in science classrooms. PNAS published online May 9, 2007; doi:10.1073/pnas.0701505104; Open Access]


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10 May 2007

Oh, nein!

...While German drinkers are facing the sobering prospect of a price hike for their favourite brew, as many of the country's barley farmers are switching to heavily subsidized biofuel crops.
Das ist doch hoffentlich nicht wahr! Ich seh's schon kommen, wenn ich nach Deutschland zurückgehe, ist das Bier genauso teuer wie hier [in Irland] und Rauchen ist auch überall verboten... Kann ich ja gleich hierbleiben.

[Quelle: Nature Sidelines]



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Scientists [should] go YouTube.

Ein Schlagwort, dass ich auch in meinem Institut schon häufiger gehört habe, ist "Outreach". Wie immer bei diesen Schlagworten ist nicht hundertprozentig klar, was damit gemeint ist, bzw. verwendet es jeder in leicht verschiedener Art und Weise. Ganz generell geht es dabei aber immer darum, wie Wissenschaftler ihre Forschung der breiten Öffentlichkeit präsentieren können, um beispielsweise Ängste vor biomedizinischer Forschung durch Informationen darüber abzubauen, Zustimmung zur Förderung wissenschaftlicher Forschung zu erzeugen, oder Nachwuchs zu rekrutieren, also Kinder und Jugendliche für Wissenschaft zu begeistern.

Auf Nautilus, dem Nature-Blog, schlägt jetzt eine Gruppe von Wissenschaftlern vor, Videos auf YouTube zu veröffentlichen, um besonders Umwelt-bezogene Themen mehr publik zu machen und die Sensibilität vor allem von jungen Menschen für Probleme zu erhöhen.
The explanatory power of videos has been harnessed by at least one online scientific journal explicating molecular biology protocols (Journal of Visualized Experiments). [...]

The concept of YouTube appears well-suited to improve online eco-literacy. An inexhaustible supply of short documentary clips that are viewable anytime could fare better at public outreach, as opposed to full-length versions shown at fixed times on television networks. The video commentary function on YouTube also allows scientists to contribute informed opinions.

YouTube's connectivity is another powerful feature. Videos with similar themes can be 'tagged' to one another or hyperlinked to environmental weblogs to deliver stronger messages, or even act a platform for investigative journalism, where anonymous contributors are relatively safe from the repercussions of whistle-blowing. As an example, we uploaded a video documenting deforestation within Lore Lindu National Park in Sulawesi, Indonesia.
In der aktuellen Nature Ausgabe wird auf die Möglichkeiten, die sich durch eine Nutzung von YouTube für Wissenschaftler generell ergeben, hingewiesen:
YouTube has revolutionized the Web, with video content from the serious to the mundane. Can science co-opt this latest grassroots craze in an attempt to reach the researchers of tomorrow? [...]
Videos can be tagged with key words by the user who uploads them, and hyperlinked to other websites, such as authenticated science information sites. Hence, argue the professors [Anm.: von denen das Nautilus Post stammt], YouTube is an ideal venue for scientists to contribute expert opinions and persuasive videos to an audience "that primarily consists of impressionable 12- to 17-year-olds".
Ich halte das für eine großartige Idee. Es gibt natürlich schon eine Reihe von Videos, die wissenschaftliche Inhalte haben, aber es könnten noch viel mehr sein. Ich bin davon überzeugt, dass z. B. die Ablehnung der Evolutionstheorie bei den meisten Leuten einfach darin begründet ist, dass sie keine Ahnung haben, was sie aussagt und welche Fakten sie belegen. Natürlich kann man sich im Internet ausführlich über diese Themen informieren - aber dafür muss man gezielt nach solchen Informationen suchen und sie sind nicht immer "kinderfreundlich" (oder für Menschen mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne) aufbereitet.

Unser Institut hat eine eigene "Outreach"-Beauftragte, die u. a. Wissenschaftstage für verschiedene Altersgruppen organisiert, Schülerpraktika, Tage der offenen Tür etc.. Ich bin sicher, andere Institute und Universitäten haben ähnliche Positionen. Möglicherweise haben diese Leute soundso schon einiges an Material zur Verfügung, das man online stellen könnte. Oder Professoren könnten, als einfachere Variante, z. B. eigene Powerpoint-Präsentationen von Überblicksvorträgen mit passendem Text online stellen (aber bitte nur die gut gemachten, nicht, dass das Gegenteil erreicht wird und Wissenschaft abschreckend wirkt...).

Ein Problem bei der ganzen Sache wäre natürlich, wie man die Existenz solcher Videos bekannt macht. Wie in einem Kommentar zu lesen ist:
Having a video on youtube alone is not enough. One needs to create some interest in the video, and that's where scientists can excel as communicators using blogs and other tools of the internet.
Womit sich die Katze in den Schwanz beißt, jedenfalls ein bisschen, denn wer Science-Blogs liest, ist höchstwahrscheinlich schon wissenschaftlich interessiert... Trotzdem halte ich es insgesamt für eine gute Idee - wo es ohne zu viel Aufwand geschehen kann - wissenschaftliche Inhalte auch in Formaten wie YouTube zu veröffentlichen. Jedes bisschen hilft.

Wer weiß, vielleicht können wir ja ein paar unschuldige und leicht zu beeindruckende 12 - 17-jährige auf unsere Seite ziehen... Bwahahahaha.

MfG,
JLT

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Full Frontal Lunacy.


Und der hier ist auch nicht schlecht...

MfG,
JLT

[Bild-Quelle: Russel's Teapot; Klicken zum Vergrößern]

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9 May 2007

Nothing in ID

So, aus gegebenem Anlass werde ich jetzt mal talk.origins vorstellen. Nein, nicht das Talkorigins-Archiv, diese wunderbare Sammelstätte so hilfreicher Dinge wie
und viele, viele, viele andere Sachen. Im Grunde könnten wir uns alle das Bloggen sparen und einfach auf eine Talkorigins-Seite verweisen, wenn wir wieder mit irgendeiner widersinnigen Behauptung bezüglich der Evolution, dem Universum und dem ganzen Rest konfrontiert werden...

ABER. Nicht das Talkorigins-Archiv möchte ich heute vorstellen, so bewundernswert es auch ist, sondern die Usenet [Was ist das?] Newsgroup talk.origins, von dessen Mitgliedern und aus dessen Beiträgen das TOA zusammengestellt wurde und wird. Die Gruppe besteht laut Archiv seit 1986, gegründet ausdrücklich mit dem Anspruch, Kreationisten u. ä. aus anderen, ernsthaft wissenschaftlichen Newsgroups wie beispielsweise sci.bio.evolution fernzuhalten, bzw. den Mitgliedern dieser Gruppen die Möglichkeit zu geben, Störenfriede einfach woandershin zu schicken, wo sie ihre Fragen oder Behauptungen loswerden können und tatsächlich Leute finden, die darauf auch reagieren. Aus Welcome to talk.origins:
Talk.origins ("t.o.") is a newsgroup devoted to the discussion of issues related to biological and physical origins. Topics discussed include, but are not limited to, evolution, creation, abiogenesis, catastrophism, cosmology, and theology. Be assured that you will find lively, often heated, exchanges between people of all persuasions.
Letzteres ist definitiv wahr. Und ein Understatement.

Was aber nicht in obigen Ausschnitt steht, ist, dass die Beiträge manchmal auch ausgesprochen witzig sind (wenn auch nicht immer freiwillig). Besonders schöne Fundstücke können mit einem Chez Watt geehrt werden. Das Post bzw. der entsprechende Abschnitt wird dazu einfach wiedergepostet, mit einem in der Betreff-Zeile angefügten "Chez Watt" [sowas wie ein Chez Watt FAQ]. Einmal im Monat werden dann alle so nominierten Fundstücke zusammen und zur Wahl gestellt. Aber mein Favorit für diesen Monat steht schon fest (Harshman und Townsend sind "t.o. regulars"):
No rules in Chez Watts, you say? Well, here are three:

>> Dobzhansky's dictum: "Nothing in biology makes sense except in the
>> light of evolution."
>>
>> Harshman's corollary: "Nothing in creationism makes sense."
>
> Townsend's footnote: "Nothing in ID"
Heh.

MfG,
JLT

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Ohne Kommentar...

Das ist zu schön, um es nicht zu bloggen.
Ich bin hier am Überlegen, ob ich Weibern nicht grundsätzlich Schreibverbot erteile - bisher hat noch nicht EINE auch nur EINEN vernünftigen Satz geschrieben. Stetig beweisen sie, daß Gottes Wort, Weiber haben in der Gemeinde zu schweigen, Wahrheit und zu befolgen ist.
Sagt Herr T. aus dem GWF... Siehe auch hier und hier.

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8 May 2007

Fanatische Atheisten et al.

Über Pharyngula bin ich auf diesen Artikel bei OttawaCitizen.com ("Those fanatical atheists" von Dan Gardner) gestoßen.
In the past, I've tried to avoid talking about religion in such sharp terms. [...]
But a series of books doing quite well on bestseller lists -- by Richard Dawkins, Sam Harris and, soon, Christopher Hitchens -- argues it's time to be a lot less deferential to faith, and I have to say I find it hard to disagree. After all, we live in a time when blowing children to bits is an increasingly popular form of worship, the most powerful man on earth thinks he's got a hotline to God, and much of the electorate who gave that man his power would never consider replacing him with someone who does not believe the son of a carpenter who died 2,000 years ago sits in heaven advising presidents, fixing football games, and waiting for the day he will return to the Earth to brutally murder all unbelievers and erect a worldwide dictatorship.

Private, quiet faith is one thing. But when the guy holding the launch codes believes the end of the world could come any day and that's a good thing, those who believe lives are limited to one per customer have a problem.
Yupp, sehe ich auch so. Und das Folgende ebenfalls:
Then there's the problem on the other side -- among the atheists such as Richard Dawkins who have been labelled "fanatics." Now, it is absolutely true that Dawkins' tone is often as charming as fingernails dragged slowly down a chalkboard. But just what is the core of Dawkins' radical message?

Well, it goes something like this: If you claim that something is true, I will examine the evidence which supports your claim; if you have no evidence, I will not accept that what you say is true and I will think you a foolish and gullible person for believing it so.

That's it. That's the whole, crazy, fanatical package.

When the Pope says that a few words and some hand-waving causes a cracker to transform into the flesh of a 2,000-year-old man, Dawkins and his fellow travellers say, well, prove it. It should be simple. Swab the Host and do a DNA analysis. If you don't, we will give your claim no more respect than we give to those who say they see the future in crystal balls or bend spoons with their minds or become werewolves at each full moon.

And for this, it is Dawkins, not the Pope, who is labelled the unreasonable fanatic on par with faith-saturated madmen who sacrifice children to an invisible spirit.
Nett.

MfG,
JLT

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Casey Luskin sagt unsinnige Sachen.

In meinem vorangegangenen Post habe ich ja angedeutet, dass die Leute beim Discovery Institute nicht unbedingt eine extra Strategie brauchen, um unsinnige Sachen zu behaupten, und empfahl, sich einfach die Evolution News & Views des DIs anzuschauen. Dabei bin ich auf dieses Kleinod gestoßen, dass meiner Meinung nach ein eigenes Post rechtfertigt:

Casey Luskin findet durch einen Washington Post Artikel über Neanderthaler (übrigens ganz interessant) heraus, dass diese intelligenter waren als das Bild, das sich die Öffentlichkeit allgemein (und er offensichtlich auch) von ihnen macht - und behauptet plötzlich, der "primitive" Neanderthaler wäre ein "icon of evolution"! Klar.
Perhaps it's time to stop seeing Neanderthals as a primitive species—a popular icon of evolution—but rather as a sub-race of our own species.
Damit ist Casey Luskin dann da angekommen, wo Paläoanthropologen vor 40 Jahren schon waren, wenn man beispielsweise dem Smithsonian glaubt.
The original interpretation of Neanderthal anatomy was one of a primitive early human based on a flawed reconstruction of the nearly complete skeleton of an elderly Neanderthal male found at La Chapelle-aux-Saints, France (second photograph from the top). However, Neanderthals and modern humans (Homo sapiens) are very similar anatomically -- so similar, in fact, that in 1964, it was proposed that Neanderthals are not even a separate species from modern humans, but that the two forms represent two subspecies: Homo sapiens neanderthalensis and Homo sapiens sapiens. This classification was popular through the 1970's and 80's, although many authors today have returned to the previous two-species hypothesis. Either way, Neanderthals represent a very close evolutionary relative of modern humans.
Wenn man sich die DI News so anschaut, scheint eigentlich alles, was Wissenschaftler so herausfinden, irgendwie gegen die Evolutionstheorie zu sprechen, jedenfalls ist Casey Luskin dieser Meinung (hier auch: CL über Transposons/Junk-DNA).

Frage mich nur, warum die Wissenschaftler das selbst nicht zu bemerken scheinen...

Zur Junk-DNA gibt's ein schönes Post beim Panda's Thumb ("Uncommon Despair"), dem ist weiter nichts hinzuzufügen. Lustig ist allerdings CLs Versuch, den "Beitrag" von IDlern zur "Junk-DNA-Forschung" zu belegen:
Apparently this idea was stalled out due to the evolutionary assumption, á la Talk Origins, that they are nothing more than useless "intragenomic parasites." [Anm.: Transposons] Yet it was as far back as 1990 that pro-ID scientist and Discovery Institute fellow Forrest Mims had warned in a letter to Science against assuming that "junk" DNA was "useless" (scroll to the bottom of the page to see the letter). Science wouldn't publish his letter, but it now appears that another prediction of intelligent design has been validated.
Wow, ID hat vorhergesagt, dass es funktionelle Abschnitte in sog. Junk-DNA gibt? Hier der "Beweis", ein Brief an Science, der nicht veröffentlicht wurde:
Finally, Science reports "Hints of a Language in Junk DNA" (25 November, p. 1320). Those supposedly meaningless strands of filler DNA that molecular biologists refer to as "junk" don't necessarily appear so useless to those of us who have designed and written code for digital controllers. They have always reminded me of strings of NOP (No OPeration) instructions. A do-nothing string of NOPs might appear as "junk code" to the uninitiated, but, when inserted in a program loop, a string of NOPs can be used to achieve a precise time delay. Perhaps the "junk DNA" puzzle would be solved more rapidly if a few more computer scientists would make the switch to molecular biology.
Wie sich herausstellt, wäre dieser nicht-veröffentlichte Brief eine Antwort auf einen Science-Artikel gewesen, der seinerseits einen neuen Artikel (Mantegna et al., Linguistic features of noncoding DNA sequences. Phys Rev Lett. 1994 Dec 5;73(23):3169-72.) über mögliche biologische Information in Junk-DNA als Anlass nimmt, die Meinungen mehrerer Wissenschaftler zusammenzufassen, dass Junk-DNA nicht grundsätzlich funktionslos ist.

Aus dem Science-Artikel:
Although these findings are surprising, the idea that junk DNA has a function is not. "I think that what we call 'junk DNA' will have a number of uses," says Harvard biologist Walter Gilbert. He notes that, among other recent hints, Leroy Hood of the University of Washington and Ben Koop of Canada's University of Victoria recently found a long stretch of "junk" that is common to both humans and mice, implying that it and perhaps other junk sequences have some important function in the cell. Among the possibilities under discussion, he says, are roles in protecting and repairing the genetic material and in regulating genes. "I think the junk is like the stuff in a junk shop," Gilbert says. "You can find lovely things in it."
Man beachte, dass eine mögliche Funktion z. B. auch durch übereinstimmende Sequenzen innerhalb menschlicher und Mäuse-"Junk-DNA" vorausgesagt wird, eine Aussage, die NUR Sinn macht, wenn man Evolution voraussetzt.

Aber in *Wirklichkeit* (jedenfalls in CLs Version davon) hätten die Wissenschaftler natürlich einen Forrest Mims gebraucht, um auf solche Ideen zu kommen....

MfG,
JLT



[edit]Hier ist noch ein Link zu einem schönen Post auf Denialism.com, das sich etwas ausführlicher mit non-coding DNA beschäftigt, in Antwort auf eine ähnliche Behauptung von Sal Cordova auf Uncommon Descent.[/edit]

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Plan B?!

Das Gegner der Evolutionstheorie diese gerne als Wurzel allen Übels darstellen, inklusive des Faschismus, ist wirklich nichts Neues, siehe z. B. Harun Yahya, der "Darwinismus" für Rassismus, Faschismus, Kommunismus und Terrorismus verantwortlich macht, und wahrscheinlich auch noch dafür, dass es an Wochenenden so oft regnet. Von daher ist es nicht gerade Enthüllungsjournalismus, wenn man auch beim Discovery Institute Leute findet, die sich nicht zu schade sind, diesen Blödsinn zu verbreiten.

Red State Rabble entdeckt in letzter Zeit aber eine besondere Häufung von Aussagen wie dieser:
Discovery’s Plan B has popped up with increasing frequency over a number of months, but got its official launch with speeches in Washington and Philadelphia earlier this week by Discovery fellow John West that quickly cut the Nazi’s six million victims to “hundred of thousands.”

According to West, “Darwinism” is responsible for “the eugenics movement that sterilized scores of thousands of Americans deemed unfit in the early decades of the last century, the concurrent rise of the abortion movement, and the extermination of hundreds of thousands of supposed social undesirables by the Nazis in Germany.”

This week’s events were preceded by the broadcast of “Darwin’s Deadly Legacy,” a production of Coral Ridge Ministries, on Christian television last August. The program, which explicitly links the crimes of Hitler to Charles Darwin featured Discovery fellows Richard Weikart, Jonathan Wells, Phillip Johnson, and Michael Behe. They were joined on the program by right-wing columnist Ann Coulter, the author most recently of Godless: The Church of Liberalism.

Weikart, the author of From Darwin to Hitler writes that “Darwinism played a key role in the rise of eugenics, euthanasia, infanticide, abortion, and racial extermination, all ultimately embraced by the Nazis.” As an academic, Weikart is sometimes coy about how much responsibility he places on the shoulders of Charles Darwin for the crimes of the Nazis, but his readers have no problem drawing the intended conclusions:

“I never knew about the link between Darwin and Hitler until after reading Richard Weikart’s book,” says Coulter.

“To put it simply, no Darwin, no Hitler,” says Dr. Kennedy, the host of the program.” “Hitler tried to speed up evolution, to help it along, and millions suffered and died in unspeakable ways because of it.”
Ich bin mir alles andere als sicher, ob das Dreckschleudern in Richtung Evolutionstheorie tatsächlich eine Art "Plan B" des DIs ist - deren Mitglieder brauchen generell nicht extra eine Strategie, um sich wie Idioten zu verhalten... [Man schaue nur einfach mal durch die neuesten Nachrichten des DIs - da findet sich immer was.]

Meiner Meinung nach disqualifiziert sich soundso jeder, der Aussagen wie "No Darwin, no Hitler" (s. o.) macht, von jeglicher Diskussion, da er/sie die Natur wissenschaftlicher Theorien nicht versteht.
Selbst wenn die Evolutionstheorie tatsächlich die Grundlage für [setzte bevorzugtes Übel ein] wäre, hätte es keine Relevanz für die Gültigkeit der Evolutionstheorie.
Wissenschaftliche Theorien ganz allgemein hören nicht auf zu stimmen, weil einem die Konsequenzen daraus nicht gefallen. Im Grunde ist das ja eine höchst triviale Erkenntnis, aber offensichtlich kann man es trotzdem nicht oft genug wiederholen.

Aber trotzdem ist das Post meiner Meinung nach absolut lesenswert, auch und vor allem als Einstieg in die Geschichte des DIs und ID in Amerika. Als Appetithäppchen:
When Judge John Jones ruled, in December of 2005, that intelligent design isn't science and the only real effect of the Dover school board's ID policy was to advance religion, the Discovery Institute, a Seattle-based intelligent design advocacy group, found itself with a problem on its hands.

Discovery's strategy, its very raison d'etre, had been to promote a renamed and re-branded creationism as science in order to skirt a damaging series of court rulings, most prominently the 1987 Supreme Court Edwards v. Aguillard decision, in order to bring both God and Genesis back into the nation's public school science classes.

As Discovery's Phillip Johnson, the UC-Berkeley law professor who plotted legal strategy for the intelligent design movement, told Elizabeth Nickson, a columnist for the National Post in 2004:

"Our strategy has been to change the subject a bit so that we can get the issue of intelligent design, which really means the reality of God, before the academic world and into the schools."

[...]

The depth of Discovery's crisis was revealed by a series of embarrassingly lame attempts to label Jones, an observant Lutheran and conservative Republican appointed to the bench by George Bush, an activist judge. That no one but the ID faithful could be convinced was demonstrated by Jones being named to Time magazine's list of the "100 Most Influential People in America."

When the activist judge label failed to stick, Discovery attempted to smear his ruling as plagiarized. Legal experts were unmoved by the charge, which came across to the public at large as nothing more than sour grapes, and to add insult to injury, excerpts from Jones' landmark ruling were subsequently published in the 2006 edition of Best American Nonrequired Reading.

[...]

Discovery also came under increasing fire from their allies in the creationist movement. [...]

Young and old earth creationists, who make up the vast majority of the foot soldiers in the intelligent design ranks, began to ask what value there was to the constant denials that "the designer" was in fact the Christian God of the Bible if the ID legal strategy couldn't deliver the goods.
Der Vollständigkeit halber empfehle ich auch noch mein Post "Irreducible Confusion" über Dissidenten von der neuen Partyline des DIs, so es sie denn tatsächlich gibt.

MfG,
JLT

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4 May 2007

Begrifflichkeiten...

Da habe ich doch heute mal wieder im Gott-Wissen-Forum vorbeigeschaut, um zu sehen, ob es neuen Unsinn gibt. Aber klar!
Mit "Ko-Evolution" ist die wechselseitige Anpassung zweier Organismen gemeint. So wird beispielsweise das "Aufeinanderpassen" von Blüte und Insekt als Ergebnis von Ko-Evolution betrachtet. Konkretes Beispiel hierzu: Die einheimischen Ragwurz-Orchideen, die Fliegen, Bienen oder Hummeln nachahmen. Die Blütenunterlippen dieser Orchideen sind diesen Insekten in Form, Farbe, Duft und Behaarung bis ins Detail täuschend ähnlich, wodurch diese die Blüten für Geschlechtspartner halten und zu begatten suchen. Bei diesem Versuch wird Pollen auf die Insekten übertragen, der dann auf die Narbe der nächsten angeflogenen Blüte gelangt.

Mit der Evolutionstheorie wird vermutet, dass sich Blüte und Insekt in wechselseitiger Abhängigkeit entwickelt hätten, dass also die Blüten auf Veränderungen ihrer Besucher und die Besucher auf die Veränderung der Blüten mittels des Mechanismus Mutation-Selektion "reagiert" hätten und so allmählich diese verblüffende Ähnlichkeit zustande kam. Bei dieser "Erklärung" handelt es sich aber lediglich um eine gedankliche Konstruktion, der keine erklärenden Beobachtungsergebnisse zugrundeliegen. Die Ragwurz-Orchideen weisen zwar eine erhebliche Variabilität auf; die Entstehungsweise der wechselseitigen Anpassung von Blüte und Insekt durch Mutation und Selektion ist damit aber nicht erklärt und auch nicht Gegenstand von Beobachtungen. Die Synthetische Theorie wird hier nicht gestützt, sondern geht als Voraussetzung von vornherein in die Überlegungen ein, wie eben so oft. Eine Beobachtungstatsache ist nur das gegenwärtige Angepasstsein, nicht aber die Entstehungsweise der Anpassung.

Bei dem Begriff der Ko-Evolution handelt es sich also um ein Kunstwort, das eine Erklärung vortäuscht, anstatt eine zu liefern.
Klar, der Begriff Ko-Evolution allein erklärt nichts. Wie sollte er auch? Wenn schon, dann *beschreibt* der Begriff Ko-Evolution das Beobachtete.
Keiner bestreitet doch zunächst einmal, dass es Arten gibt, die eine große wechselseitige Anpassung aufweisen, manchmal zum beiderseitigen Nutzen wie bei Symbiosen, manchmal als "Kalter Krieg", in dem beide Seiten aufrüsten und dazwischen viele, viele Abstufungen. Und das es sich lediglich "um eine gedankliche Konstruktion" handelt, "der keine erklärenden Beobachtungsergebnisse zugrunde liegen, ist eine platte Lüge. Zum Beispiel mit den Orchideen und den Insekten habe ich schon mal was geschrieben. In dem Fall ging es um Orchideen, die ein Pheromon herstellen, das dem Lockstoff der Weibchen der bestäubenden Insekten-Art sehr ähnlich ist ("Orchideen-Sex: Nicht so häufig, dafür besser."):
The finding also revealed how sexual deception could have evolved in this species by gradual modification of systems the plant was already using to make its own compounds. Each tweak in the ratio of compounds that increased pollinator visitation would have given the orchid a reproductive advantage.
[Nature]

Gerade ist wieder ein News Focus in Nature erschienen, der sich wieder mit Ko-Evolution beschäftigt.
In north-central Nevada, for example, the Clark's nutcracker [eine Vogelart] has a cozy relationship with certain pine trees: The birds carry off seeds and cache some of them for future use, helping new seedlings get started. For its part, the pine tree has made extracting seeds child's play by evolving short cones bursting with seeds that are covered by thin, easy-toremove scales. But in the Rocky Mountains, a ménage à trois has developed, in which the pine trees are torn between defending their seeds against squirrels and helping out the nutcracker. As a result, the birds must make do with long, heavy cones with thick scales and relatively few seeds. Coevolution has practically stalled out. [...]

Ecologists have found that, in organisms from birds to bacteria, coevolution is not a sure thing. "The interactions between pairs of species have different intensities in different ecological settings," says May Berenbaum, an entomologist at the University of Illinois, Urbana-Champaign. A decade ago, evolutionary ecologist John Thompson of the University of California, Santa Cruz, came up with a theory to explain these geographical variations in coevolution and coined the term "geographic mosaics." [...]

Thompson proposed that the survival advantage provided by coevolution was inconsistent because environmental conditions, and hence the forces of natural selection, differ from place to place.
Der GWF-Poster versucht den Eindruck zu erwecken, als würden keinerlei Untersuchungen zur Ko-Evolution durchgeführt, sondern lediglich ein toller Begriff verwendet, ohne weiterführende Erklärungen zu bieten. Als ob irgendein Forscher damit jemals durchkäme...
Dazu passt der folgende kleine Absatz aus dem Nature News Artikel doch hervorragend:
Thompson's fellow ecologists were skeptical at first. "Many of us were left wondering how to address such a complex set of processes and were frustrated with the lack of very specific, testable predictions," says Edmund Brodie III, an evolutionary biologist at the University of Virginia, Charlottesville. Recalls Thompson, "The criticism I got was 'Show me the data.' "

Today, however, the theory is much more palatable. In 2005, Thompson published a book, The Geographic Mosaic of Coevolution. He and other theoretical biologists have come up with more detailed models to predict how species might change over space and time, helping field researchers focus their studies. In 2006, the number of publications was expected to be double that of 6 years ago. "We're suddenly seeing the data for a whole variety of interactions," Thompson says.
Eine dieser Studien, über den Zusammenhang zwischen "Nussknackern", Hörnchen und Kiefern (-zapfen), ist in der Mai-Ausgabe der Ecological Monographs erschienen (Siepielski & Benkman, Convergent patterns in the selection mosaic for two North American bird-dispersed pines. Ecological Monographs: Vol. 77, No. 2, pp. 203–220.). In einem weiteren Artikel einer der beiden Autoren, der im April im American Naturalist veröffentlicht wurde, werden gar Daten präsentiert, die als eine Folge der Ab- oder Anwesenheit von Hörnchen und der daraus resultierenden Zapfenformen der Kiefern die Aufspaltung einer Vogelart (Kreuzschnäbel) belegen: die Art entwickelte je nach Zapfenform dickere Schnäbel und einen anderen Ruf, woraus eine fast vollständige reproduktive Isolation resultierte.
Total reproductive isolation between South Hills crossbills and the two other crossbills most common in the South Hills (call types 2 and 5) summed to .9975 and .9998, respectively, on a scale of 0 (no reproductive isolation) to 1 (complete reproductive isolation). These extremely high levels of reproductive isolation indicate that the divergent selection resulting from the coevolutionary arms race between crossbills and lodgepole pine is causing the South Hills crossbill to speciate.
[Quelle: Smith & Benkman, A coevolutionary arms race causes ecological speciation in crossbills.
The American Naturalist 2007. Vol. 169, pp. 455-465.]


Oooohh, Art-Bildung, gleich noch was, was es ja eigentlich nicht gibt...

MfG,
JLT

P.S.: Und ein schönes Wochenende! Ich habe sogar ein langes - aber dafür war der erste Mai hier nicht frei.

[Bild-Quelle]

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