17 August 2007

Klarer Fall von Selbstüberlistung.

Auf Evolution News & Views demonstriert Robert Crowther eindrucksvoll, wie man sich in den eigenen Fuß schießt. Er regt sich über einen Artikel in der New York Times ['Our Lives, Controlled From Some Guy's Couch'] auf, der sich mit dem "Simulationsargument" des britischen Philosophen Nick Bostrom [seine Homepage] beschäftigt.
Yet it is ID proponents like Behe and Dembski that are denied serious consideration and coverage by The New York Times (or, if they are covered, they're attacked and mocked), while the same media which ignores a scholarly proposition from an ID theorist will fuel serious discussion of ideas such as Bostrom’s. One scientist commented after reading this article that it is "fascinating what explanations for reality are acceptable in quarters which despise ID."

Das Simualtionsargument sagt kurzgefasst aus, dass, sollte die Menschheit lange genug überleben, früher oder später zur Unterhaltung Computersimulationen ihrer Vorfahren laufen lassen werden. Mit ausreichender Rechenstärke könnten die Einzelindividuen in der Simulation sogar ein Bewusstsein haben. Da so viele Simulationen gleichzeitig laufen würden, gäbe es weit mehr simulierte Vorfahren als tatsächlich mal existiert haben. Daraus folgt, dass die Wahrscheinlichkeit für jeden von uns, in einer Computersimulation zu existieren, größer ist als die, "wirklich" zu existieren, wenn man davon ausgeht, dass die Menschheit lange genug überdauert (und dann tatsächlich noch an Computern und virtueller Realtität interessiert wäre).

Nick Bostroms eigene Zusammenfassung seines Arguments hört sich so an:
A technologically mature “posthuman” civilization would have enormous computing power. Based on this empirical fact, the simulation argument shows that at least one of the following propositions is true: (1) The fraction of human-level civilizations that reach a posthuman stage is very close to zero; (2) The fraction of posthuman civilizations that are interested in running ancestor-simulations is very close to zero; (3) The fraction of all people with our kind of experiences that are living in a simulation is very close to one.

If (1) is true, then we will almost certainly go extinct before reaching posthumanity. If (2) is true, then there must be a strong convergence among the courses of advanced civilizations so that virtually none contains any relatively wealthy individuals who desire to run ancestor-simulations and are free to do so. If (3) is true, then we almost certainly live in a simulation. In the dark forest of our current ignorance, it seems sensible to apportion one’s credence roughly evenly between (1), (2), and (3).
Unless we are now living in a simulation, our descendants will almost certainly never run an ancestor-simulation.
[Quelle: Bostrom, Are you living in a computer simulation?. Philosophical Quarterly (2003), Vol. 53, No. 211, pp. 243-255.]

Man beachte, dass er keinesfalls behauptet, wir würden in einer Computersimulation leben, er behauptet lediglich, dass, nimmt man an, die Menschheit werde lange genug existieren um entsprechend rechenstarke Computer zu entwickeln und habe gleichzeitig immer noch Interesse an virtueller Realität, dann muss man gleichzeitig akzeptieren, mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer Computersimulation zu existieren anstatt "in echt". Letzteres ist eine Folge aus der Gegenüberstellung der Anzahl heute tatsächlich lebender Menschen und der Anzahl von Computersimulationsmenschen, die es gäbe, wenn zig Simulationen (vielleicht mit unterschiedlichen Umweltbedingungen etc.) gleichzeitig liefen.

Richard Crowther macht daraus dies:
He has “thoughtfully” proposed the idea that this world, your reality, is nothing more than a very advanced simulation, an illusion, if you will. In fact, he thinks that this simulation might just be running inside another simulation, inside another simulation, inside another simulation on and on back, forever and ever amen.

Ob man nun Bostroms Argument folgt, schwachsinnig findet oder es nicht letztendlich soundso für egal hält, ob man nun in einer Computersimulation existiert oder nicht, da einem beides gleich real erscheinen würde - diese Darstellung hat mit dem, was er wirklich argumentiert, nichts zu tun.

Es wundert mich allerdings überhaupt nicht, dass ein DiscoI-Mitglied diese Vorstellung überhaupt nicht vertragen kann - bei vielen von denen ist mein Eindruck soundso, dass sie auch der Evolutionstheorie hauptsächlich aus dem Grund widersprechen, weil sie lieber das Lieblingshaustier des größten anzunehmenden Designers sein wollen als ein "Zufallsprodukt" der Evolution. Sich dann auch noch vorstellen zu müssen, man wäre noch nicht einmal das, sondern nur eine Computersimulation... Dann wäre man ja total unwichtig! Das darf und kann natürlich nicht sein.

Dabei würde es die ganzen Naturkatastrophen so schön erklären:
It’s unsettling to think of the world being run by a futuristic computer geek, although we might at last dispose of that of classic theological question: How could God allow so much evil in the world? For the same reason there are plagues and earthquakes and battles in games like World of Warcraft. Peace is boring, Dude.

[Quelle: New York Times]

Aber das alles ist bisher noch gar nicht der Grund, warum ich darüber ein Post schreiben *musste*, auch wenn es mal wieder zeigt, dass man wirklich nichts, was die Leute vom DI als die Meinung anderer darstellen, ohne Überprüfung glauben kann.

Was Crowthers Beitrag zur DI Bespaßungsseite für ein Post qualifiziert, ist dieser Absatz:
And his [Anm.: Bostroms] conclusion? "Unless we are now living in a simulation, our descendants will almost certainly never run an ancestor-simulation." You just can't make this stuff up ... er, wait a minute, I guess you can just make this stuff up.

Compare this to the serious scientific ideas advanced by intelligent design theorists. How does Bostrom’s simulation theory look when lined up next to an idea propsed by Michael Behe such as irreducible complexity? Or, next to theorems proposed by William Dembski, such as those in The Design Inference or No Free Lunch?

Ich lach mich schlapp. Aber ich tue ihm gerne den Gefallen und stelle beides mal gegenüber:

  • Bostrom: Philosophische Überlegung mit keinerlei Anspruch auf und Möglichkeit der wissenschaftlichen Überprüfbarkeit, in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlicht.

  • Behe/Dembski: Religiös motivierte Zahlenspielereien mit keinerlei Möglichkeit der wissenschaftlichen Überprüfbarkeit, NICHT in wissenschaftlichen Journals veröffentlicht.

Wenn man sich beide "Ideen" als Bücher in einem Buchladen vorstellt, ist Bostroms "simulation theory" (nettes Detail, aus dem Simulationsargument wird bei Crowther eine "Theorie") ein ledergebundenes Buch, korrekt in der Philosophie-Abteilung der Bücherei eingeordnet, während Behes/Dembskis Ideen ein Fix & Foxi-Sammelband* wären, der aufgrund eines falsch angebrachten Schutzumschlags von der pickeligen Aushilfe fälschlicherweise in der Wissenschaftsabteilung einsortiert wurde, obwohl es eigentlich auf den Grabbeltisch mit den Mängelexemplaren gehörte.

Ehrlich, ich frage mich, was Crowther (oder sonst jemanden) dazu bewegt hat, ID mit einer philosophischen Hypothese zu vergleichen, die nicht wissenschaftlich überprüfbar ist. Einsicht? Jedenfalls schön in den Fuß geschossen...

Im letzten Teil seines Beitrags beschwert sich Crowther dann noch darüber, dass Bostrom sogar über den "Designer" spekulieren dürfe, während Behe und Dembski dafür kritisiert werden, dass sie dies nicht tun (wobei Crowther a) Bostrom Worte in den Mund legt, die nicht B. sondern der NYT-Autor geschrieben hat und b) komplett ignoriert, dass es dem NYT-Autor um den potenziellen zukünftigen nicht-übernatürlichen Designer einer hypothetischen Computersimulation geht und nicht um die Frage, ob ein Gott/übernatürliches Wesen existiert, der/das Malaria, das Ebola-Virus und HIV aus Langeweile oder Gemeinheit zusammengebastelt hat).

O-Ton Crowther:
Regardless, it is Behe and Dembski — who are using science to search for evidence of design, not a designer — who are constantly asked who’s the designer, who’s the designer, who’s the designer? When they patiently explain that science can’t answer that question, they are criticized and told they are not doing science.

Köstlich. Schade um mein Irony-Meter, aber trotzdem.


Wünsche ein schönes Wochenende!

JLT


Andere Vorschläge, welches Buch unter dem falschen Umschlag stecken könnte? Mir ist einfach nichts "Besseres" als Fix & Foxi eingefallen, aber Menschen ohne momentaner Kreativitätsblockade muss da doch noch was Passenderes einfallen...

0 Kommentare: