Es ist schon erstaunlich, welche Menge an wirklich absolutem Nonsens in den Kommentaren zu O'Learys Post auf UD zu finden sind*.
Hauptsächlich "unterhalten" sich Sal Cordova und ein Bornagain77. Es ist nicht wirklich eine Unterhaltung, denn Bornagain hat eine kleine Obsession mit etwas, dass er "genetische Entropie" nennt – danach kann Information nur zerstört werden (die "Entropie" nimmt zu), also kann es auch keine vorteilhaften Mutationen geben – und Sal Cordova auf der anderen Seite ist sich offenbar bewusst, dass es durchaus auch nicht-destruktive Mutationen gibt und denkt sich daher Fantasieerklärungen dazu aus.
Ein Highlight, das leicht von diesem Grundthema abweicht, ist Bornagains tiefe Einsicht (ja, das ist sarkastisch) in die Immunologie. Da das zufällig mein Fachgebiet ist, für mich besonders erheitern. Das zweite Highlight ist Bornagains Frage an Sal, wie denn die Final Law of Biology wohl aussehen wird.
Hier Sal Cordovas freie Assoziationen zu Mutationen.
There are mutations which are adapative and suggest front-loaded capabilities.
In an almost forgotten article at ARN, Behe talks about designed mutations. I have thought some forms of antibiotic resistance could be designed mutations.
Such mutations will not cause macro-evolution, but highly optimize the process of micro-evolution.
"Front-loaded capabilities", aber *natürlich* können vorteilhafte Mutationen auch
designt sein (Paging Frau Gordo und Herrn Lenski: höchstwahrscheinlich war Gott in ihrem Labor und hat ihre Versuche manipuliert!).
HAhahahahHA, "Such [also designte!!] mutations will [...] highly optimize the process of micro-evolution", na klar, angenommen es gäbe einen (kompetenten) Designer, dann sollte
das die "Mikroevolution" natürlich ganz schön vereinfachen, schließlich könnte der gleich in die ganze Population die optimale Lösung reindesignen und würde gleich die ganze Mikroevolution überflüssig machen...
Hach, schön, ist mir gestern gar nicht aufgefallen, als ich den Schmu das erste Mal gelesen habe.
In demselben Kommentar (erstaunlich, der Mann) bringt er dann auch noch den kompletten Schwachsinn, dass adaptive Mutationen was anderes wären als "random darwinian mutations", denn
An adaptive mutation has an anticipatory quality toward certain environmental stresses.
Hurra. Vergessen wir 65 Jahre Forschung und dazu mindestens noch einen Nobelpreis, ignorieren wir ein Experiment (der
Fluktuationstest, von Luria und Delbrück 1943 erstmals durchgeführt), das wahrscheinlich tausendfach in der einen oder anderen Form wiederholt wurde und immer wieder das gleiche Ergebnis erbracht hat, nämlich das Mutationen "random" und ungerichtet sind, also nicht in Abhängigkeit von oder in Reaktion auf Umweltbedingungen auftreten.
Den letzten Punkt walzt er später noch mal aus, jetzt werden die Bereiche des Genoms, in dem Veränderungen auftreten, vorher auch noch "energized". Der Mann hat Fantasie, muss man ihm lassen. Ich könnte mir soviel BS nicht so auf die Schnelle einfallen lassen.
An adaptive mutation is similar. It is a mutation that occurs as strategy to evolve it self to an anticipated environment. That means, areas of its genome which were not mutating earlier, get energized and start making changes, almost as if the population realized it better start trying to prepare itself for continued adversity or else die.
Adaptive mutations are in contrast to random mutations. Random mutations aren’t anticipatory toward any change, adaptive mutation are.
Also sind random mutations per Definition negativ, sobald sie positiv sind, wurden sie designt.
Clever!
Aber jetzt zu Bornagain77. Gute Güte. Während ich bei Sal den Eindruck habe, er versucht die Belege, die dem widersprechen, was er glauben will, wenigstens irgendwie in sein Wunschbild von der Wirklichkeit zu integrieren, ist Bornagain mit solchen Kleinigkeiten wie Fakten überhaupt nicht beschäftigt. Er hat eine 1A-Halluzination am Laufen, die sich unhaltbar über jeden Einwand, jeden unbequemen Zipfel der Wirklichkeit hinwegwalzt und nur genetische Entropie hinterlässt...
Mein Bornagain-Best of:
I think that genetic entropy will also be found to be obeyed on another level too for the imune system. I believe that the immune system is “reset” to its original state because the original state is optimal for fighting off infections,,,i.e. the immune system as a whole is degraded from optimal condition for fighting off new infections when it has “old temporary information” stored in its “ram” memory which is “slowing down” a response to a infection in the quickest time possible.
Das steht der Realität wirklich diametral entgegen. Ein "trainiertes" Immunsystem ist viel effizienter darin, Krankheiten abzuwehren, als ein "untrainiertes". Das bezieht sich nicht nur auf Immunität gegen bestimmte Krankheiten, nachdem man sie einmal hatte, oder das Immunsystem durch eine Impfung "trainiert" wurde, es bezieht sich auch mehr genereller darauf, dass Kontakte mit Krankheitserregern während der Kindheit insgesamt notwendig sind, um ein fittes Immunsystem auszubilden.
Aber weiter im Bornagain-macht-sich-seine-Welt-wie-sie-ihm-gefällt-Spiel. Jetzt hat er einen Artikel über Non-Hodgkins-Lymphoma, eine Krebsart, gefunden, die seiner Meinung nach zeigt, dass das Immunsystem ganz klar degeneriert, je mehr es genutzt wird...
When looking at the time to recurrence of this disease, every time the disease is treated, the patient’s response rate is a little less and the duration of response is a little greater. This phenomenon is shown in two ways below. In the first table, the data indicate that the first time chemotherapy is used, 88% of the patients respond and the response lasts for 31 months. With each succeeding treatment the response goes down to 78%, 76% and 68%. The duration of response change is even more dramatic going from 31 months with the first treatment to 13, 13 and 6 months. Although we now have multiple new therapies, the fact remains, that with each subsequent therapy, the ability to control the disease is a little less.
Leider ist dies nicht ein Ausdruck des degenerierenden Immunsystems, sondern einer Evolution des Krebs. Durch die Chemotherapie werden die sensitiven Krebszellen abgetötet und die weniger sensitiven überleben. Jede Chemotherapie ist eine neue Selektionsrunde, bis die überlebenden Krebszellen (die in der Regel auch durch Mutationen resistenter geworden sind) gar nicht mehr auf die Chemo reagieren. Das, mein lieber bornagain77, ist ein weiteres Beispiel "vorteilhafter" Mutationen, vorteilhaft jedenfalls für die Krebszellen.
Mit der Fitness des Immunsystems hat das zunächst mal gar nichts zu tun.
Aber in Bornagain77s persönlicher kleiner Welt ist das natürlich alles ganz anders. Darum verlinkt er in seinem nächsten Kommentar auf ein Hard-core-Impfungsgegner-Seite und glaubt der dort verbreiteten totalen Idiotie auch noch (Kein Link. Ich habe keinen Bock, auf diesen Unsinn zu verlinken, wenn ich auf die dort verbreiteten Lügen nicht eingehen kann).
Aber klar, wenn man sich erstmal gegen jegliche Fakten und Logik immunisiert hat, dann ist man natürlich ein williges Opfer des nächsten BS, der einem verkauft wird.
Er "schließt" daraus jedenfalls (so einfach ist Pseudowissenschaft):
Thus the principle of “Genetic Entropy” appears to be valid for the immune system also.
Sal kommt derweil zu einer ganz anderen Lösung (und schreibt urplötzlich wieder über das Ursprungspost):
I think 1000 more beneficial mutations being found in bacteria doesn’t negate Behe’s thesis, Behe merely points out, that evidentially, even all these 1000 more beneficial mutations don’t lead to large scale innovation any more than the millions of “beneficial” mutations in B-cells, don’t radically transform the cells in living human being.
und zeigt eine bemerkenswerte Leseschwäche. Nicht 1000 mehr Mutationen. 1000-fach höhere *Frequenz* von positiven Mutationen *als bisher angenommen*. Anstatt 10
-8 positive Mutationen pro Genom und Generation nun 1 vorteilhafte Mutation pro 100.000 Genome und Generationen. Die fällt aber im Grunde auch nicht mehr ins Gewicht, der Mann hat schwerwiegendere Probleme:
By way of comparison, these 1000 mutations in bacterial could be the counter part to the immune systems “surveilence mode”. I have forseen this for years, actually. Those bugs were intelligently designed, and so were those mutations. If we accept design for the mutations in human B-cells, we can accept it for these 1,000 more mutations in bacteria.
Also, nicht nur Gordos und Lenskis Bakterienexperimente werden manipuliert,
Gott der Designer höchstpersönlich designt die Antikörper, die unsere B-Zellen (eine andere Klasse von Immunzellen) produzieren – ignorieren wir mal, dass die Art und Weise, wie immer wieder neue Antikörper produziert werden können, ziemlich genau bekannt ist und natürlich auch ganz ohne Hilfe von oben funktioniert... Für die Entdeckung, wie das funktioniert, gab es übrigens auch
einen Nobelpreis (1987). Aber ich freue mich ja so für Sal, dass er schon seit Jahren vorausgesehen hat, dass diese "1000 Mutationen" wie der Überwachungsmodus des Immunsystems funktioniert und wie dieses auch designt werden, und ganz besonders freue ich mich, dass er mal kurz in den Kommentaren gleich zwei Nobelpreis-gekrönte Entdeckungen widerlegt.
Das Beste kommt aber am Schluss. Bornagain fragt:
As a sidelight I wanted to ask you what do you think
the final foundational law of biology will look like? Will it look more like Dembski’s conservation of information postulation or do you think it will take on a more entropic nature? as compared to the first and second laws of thermodynamics?
[Unglaublich. Ich lese das jetzt bestimmt das dritte Mal und kann immer noch nicht fassen, wie man SO ab vom Patt sein kann.]
Sal antwortet:
The notion of specified complexity (CSI) is more primitive than entropy (as in decay of CSI) since the notion of such an entropy has no defintion appart from the definition of CSI.
It might be a worthy project to express Genetic Entropy as the decay of CSI and thereby unify the two notions under one concept.
That was one of the minor criticism of Sanford’s book in that Sanford relied more on Werner Gitt’s notions of biological information rather than Bill Dembski’s. But that is a minor point.
Und Bornagain77 antwortet:
So it is very possible that the “final” law of biology will actually encompass characteristics of both the first law as in Dembski’s work and the second law as tentatively set forth by Spenter And Sanford?
I like that scordova, that makes sense to me at first glance. The “law” will take into account both the qualities of the transcendent information and the qualities of the “entropic” material upon which the information is inlaid.
"That makes sense to me at first glance", oh Schmerz lass nach.
Dieser Wortwechsel macht
überhaupt keinen Sinn, selbst in ihrem Paralleluniversum nicht. Da werfen sich zwei Leute wissenschaftlich klingende Wortfetzen um die Ohren, ohne selbst auch nur die geringste Ahnung zu haben, wovon sie eigentlich reden. Lassen wir es uns noch einmal auf der Zunge ergehen:
"Das endgültige Grundgesetz der Biologie wird sowohl die Eigenschaften der transzendenten Information als auch die Eigenschaften des entropischen Materials, in die diese Informationen eingebettet sind, berücksichtigen."
Dazu fällt mir nur ein englischer Ausdruck ein: The mind boggles.
MfG,
JLT
* Siehe dazu auch '
Behe hat (keine) Antworten' und '
Nicht jede Veränderung ist schlecht'.
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