Hui, in der Schweiz scheinen die Kreationisten doch um einiges aktiver zu sein als z. B. in Deutschland, wenn auch ohne Erfolg:
In Zürichs Schulen sollen Evolutionstheorie und Schöpfungslehre nicht gleichwertig nebeneinander behandelt werden. Die Kantonsregierung lehnt ein entsprechendes Postulat von drei Kantonsparlamentariern der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) entschieden ab.[Quelle: Jesus.ch]
Vielleicht kann mich einer meiner Schweizer Leser aufklären: Was ist denn die EDU für ein Verein? Gibt es von denen noch mehr Bestrebungen, Kreationismus in den Schulunterricht zu bekommen?
MfG,
JLT
Nachtrag 29.07.08: Andreas hat einen ausführlicheren Beitrag dazu: 'Nur ein wenig Schöpfungslehre für Zürcher Schulen' (außerdem ist er pessimistischer als ich, wie man schon am Titel sieht...).
8 Kommentare:
Eidgenössische Demokratische Union. Eine rechtskonservative, extem-religiöse Randgruppierung mit einem Durchschnittsalter von etwa 85 Jahren. Kaum vertreten im Parlament und sie schaffen es eher selten in die Medien (ausser eben mit solchen Aktionen). Ich habe häufig starke Zweifel, dass sie die Bibel auf die sie sich so gerne berufen, überhaupt lesen können (und oft haben sie es wohl auch nicht getan).
Ihre Aktionen haben aber immer Realsatire-Charakter. So wollten sie z.B. DJ Bobo beim Eurovision verhindern - nicht etwa wegen der grottenschlechten Musik, sondern wegen "Verniedlichung des Satans". Lustig auch ihre Aktion gegen Red Bull.
Gruß
krypter
Hm, ich frage mich, wie viele Mitarbeiter der (in der Schweiz ansässigen) Genesis Land AG, die einen Bibelpark in Deutschland bauen wollen, auch Mitglieder der EDU sind, wenn ich mir das so durchlese.
Ich wette, da gibt es einige Überschneidungen.
@jlt
Die EDU entstand als Rechtabspaltung der gemäßigteren«Evangelischen Volkspartei». Ali hat leider mit dem Durchschnittsalter unrecht, sie haben vergleichsweise viele junge Mitglieder, insgesamt sind sie allerdings tatsächlich eine politisch relativ unbedeutende Randgruppe.
Zur Story selbst: Dein Titel wirkt leider etwas verharmlosend. Der Kreationismus erhält "dank" dem neuen Schulfach "Religion und Kultur" eben doch Einzug in die Zürcher [sic! :-)] Volksschulen. Details in meinem Blogeintrag von gestern: Nur ein wenig Schöpfungslehre für Zürcher Schüler.
@ Andreas:
Hups. Danke. Hab das überflüssige "i" entfernt.
Ich habe wenig Probleme mit Religionsunterricht in Schulen, jedenfalls wenn Religionsfreiheit und Neutralität ernst genommen werden und es keine verlängerte Indoktrinierungsbemühung einer einzelnen Religionsgemeinschaft ist.
Bei mir hat der Religionsunterricht, wenn überhaupt zu etwas, nur zu einer Verfestigung meiner Überzeugung geführt, dass Religion prinzipiell albern ist.
@jlt
Das neue obligatorische Zürcher Schulfach ist wohl eher gut gemeint als wirklich gut. Es entstand durch den Aufstand aktiver Christen gegen die Absicht der Kantonsregierung, den bisherigen Bibelunterricht abzuschaffen. Dieser war traditionell von Pfarrern oder Katecheten geleistet worden, er war jedoch halbfreiwillig, d.h. es bestand für die Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder abzumelden. Die Abschaffung hätte in erster Linie aus finanziellen Gründen geschehen sollen, an vielen Schulen war die Zahl der Teilnehmenden stetig zurückgegangen. Als jedoch gegen diesen Beschluss erfolgreich das Referendum ergriffen wurde und sich damit eine Volksabstimmung über die Beibehaltung des bisherigen Bibelunterrichts abzeichnete, kippte die Mehrheitsmeinung in der Politik schnell. Fast niemand wollte mehr eine Nulllösung, so entstand in aller Eile das neue Schulfach «Religion und Kultur».
Meine Einwände - hier faul aus meinem eigenen Eintrag rüberkopiert - richten sich vor allem gegen das "Wie":
Das Fach hat einen beschönigenden Titel, das Weltliche bleibt gemäss Lehrplan gänzlich aussen vor. Um wirklich konfessionell neutral zu bleiben - immerhin eine Vorgabe aus der Verfassung - müssten unbedingt säkulare Erklärungsmodelle gleichwertig neben religiösen Geschichten Eingang finden.
Und: Wenn das Fach auch dem erklärten Ziel gerecht werden will, dass es dem gegenseitigen Verständnis unter Schülern verschiedener Herkunft dienen soll, müsste auch lokale nicht-religiöse Kultur vermittelt werden, die für neu zugezogene so fremd und unverständlich wirken mag wie die Vorstellung, dass ein Keks zu geheiligtem Fleisch werden kann. Das «Sechseläuten» gehört jedenfalls viel eher «zur persönlichen Erlebniswelt» (Zitat aus dem Lehrplan) der Zürcher Schulkinder als die mesiten religiösen Bräuche, die nun zum Pflichtschulstoff werden. Als nichtreligiöser (bzw. eigentlich heidnischer) Brauch bleibt es aber aussen vor.
Kein Verständnis habe ich dafür, dass in den unteren Stufen nur das Fach «Religion und Kultur» die Entstehung der Welt und der Arten thematisiert. Das zementiert den Mythos, dass Menschen ein natürliches Verlangen nach Religion hätten, wissenschaftliches Denken hingegen erst vergleichsweise spät einsetze und quasi aufgezwungen werden müsse.
@jlt
Du wolltest doch die EDU näher kennen lernen? Dieses aktuelle Interview mit ihrem Aushängeschild Christian Waber dürfte Deine Neugier wahrscheinlich befriedigen :-) (gefunden via hpd.de)
@ Andreas:
Oje.
"Selbstverständlich habe es aber keinen Sinn, ihn beispielsweise von der Fristenregelung überzeugen zu wollen. «Geht es aber etwa um berufstätige Mütter, kann man mit ihm reden. Er hat nicht einfach in allen Fragen eine dogmatisch vorgefestigte Meinung.»
Wenn der Artikel es schon als positiv herausstellen muss, dass er nicht dogmatisch gegen berufstätige Mütter ist, ist das schon recht aussagekräftigt.
Vielen Dank für die Aufklärung!
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