23 July 2008

Ich verstehe ID. Oder auch nicht. (5)

Dieses Post ist Teil meiner Besprechung des neuesten Dembski-Machwerks (Ko-Autor: Sean McDowell), 'Understanding intelligent design in plain language'. Das einleitende Post findet sich hier.

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Das zweite Kapitel: 'Intelligent design to the rescue!' (Forts.)

Das letzte Drittel dieses Kapitels erinnert mich frappierend an die "Bundestagsrede" von Loriot:



Ein kleiner Ausschnitt daraus, falls Ihr keine Lust habt, Euch das Video anzuschauen:
Meine Damen und Herren!

Politik bedeutet, und davon sollte man ausgehen, das ist doch, ohne darum herum zu reden, in Anbetracht der Situation, in der wir uns befinden. Ich kann meinen politischen Standpunkt in wenigen Worten zusammenfassen:
Erstens das Selbstverständnis unter der Voraussetzung, zweitens und das ist es was wir unseren Wählern schuldig sind, drittens die konzentrierte Beinhaltung als Kernstück eines zukunftweisenden Parteiprogramms. [...]
Die ganze Rede hindurch machte er nicht eine einzige konkrete Aussage, schafft es aber, durch Aneinanderreihung der "richtigen" Phrasen, "politiklich" zu klingen. Genauso reden Dembski und McDowell davon, was ID ist und den Belegen dafür, ohne jemals irgendetwas dazu zu sagen, so wie sie auch schon im ersten Kapitel beispielsweise von den Methoden der "Design-Detektion" nur sagten, sie beruhten nicht auf Intuition. Ich hatte ständig das Gefühl, ich müsse etwas überlesen haben, weil sie Formulierungen verwenden, die suggerieren, sie hätten das schon alles dargelegt und kämen jetzt nur auf vorher schon Gesagtes zurück.

So schreiben sie beispielsweise an einer Stelle:
Intelligent causes can do things that natural causes cannot. And that is how we detect them. [S. 40]
Und an anderer:
Indeed, evidence for design is exploding14. Today, design can be rigorously formulated as a scientific theory. What has hindered recognition of design ever since Darwin is the absence of precise methods for identifying design in nature. For design to be a fruitful scientific theory, scientists need a reliable method for recognizing intelligence.
Intelligent design has emerged as a new program for scientific research. In biology, intelligent design is a theory of biological origins and development. Its basic claim is that intelligent causes best explain the complex, information-rich structures of biology and that these causes are detectable by the methods of science. In other words, intelligent causation is empirically detectable. [S. 41]
Und noch später:
Intelligent design, though often confused with creationism, is in fact quite different from it. Rather than begin with a particular intepretation of Genesis (as young-earth and old-earth creationists typically do), ID begins by investigating the natural world. Given what the natural world tells us about itself, its proponents argue that an intelligent agent best explain certain patterns in nature. [S. 45]
Auch schön:
The great difference with creationism, then, is, that ID theory relies not on prior theological assumptions for recognizing intelligent activity, but on reliable methods developed within the scientific community16. [S. 45]
Was unterscheidet denn nun die "Dinge", die eine intelligente Ursache haben, von den anderen? Wie lautet denn nun die "formulierte Theorie"? Was ist die "präzise Methode", die "Methoden der Wissenschaft", mit der oder denen man Design erkennt? Oder von mir aus auch Intelligenz? Welche Muster in der Natur, wie erkennt man sie? Oder zusammengefasst: Wo ist eure Definition von Design?
Man sollte doch wohl erwarten können, in einem Buch mit dem Titel 'Understanding intelligent design in plain language', dass irgendwann in den ersten beiden Kapiteln eine Definition von Design genannt wird! Und nein, damit meine ich nicht: Design ist, was designt wurde (things which intelligent causes can do - das ist schon ziemlich Zen, Leerheit in Vollendung...).

Interessant sind auch wieder die Literaturangaben.
Zunächst der Beleg für die "innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft entwickelten, verlässlichen Methoden" der Erkennung von "intelligenter Aktivität" (im letzten Zitat):
16. William Dembski. The Design Inference (Cambridge: Cambridge University Press, 1998), chs. 2 and 7.
Immer ein schlechtes Zeichen, wenn man sich selbst als Bestätigung seiner eigenen Behauptungen angeben muss. "Innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft" würde ich auch mal bestreiten, schließlich hat Dembski dazu nie ein wissenschaftliches Paper veröffentlicht.

Wirklich lustig dagegen der Beleg für die "explodierenden Belege" am Anfang des zweiten Zitats:
14. Mail Call, Newsweek, December 20, 2004, 19.
Mail Call ist die LESERBRIEFSEITE von Newsweek... I shit you not.

So, jetzt habe ich es ein bisschen wie Dembski und McDowell gemacht und herausgestellt, was sie alles nicht schreiben in diesem Kapitel. Worüber schreiben sie denn nun?
Das erste Unterkapitel in dem heute besporchenen Teil ist mit bewunderswerter Falschheit "The scientific question' betitelt. Es fängt so an:
This book examines the evidence that nature reveals for a designer.
This is a scientific question [Anm.: No, it is not. It is a f*cking statement about the alleged content of this book.], not merely a question of personal faith or religious experience. Yet to answer this question fairly, our science must not be restricted by naturalism. If we determine in advance that science can only investigate natural causes, we rule out the possibility of a designer before the investigation has even begun. [S. 41]
Die ersten beiden Sätze zusammengenommen tun mir körperlich weh. Nicht nur, dass der Satz rein technisch keine Frage darstellt - selbst wenn ich wohlwollend darangehe, ergibt es keinen Sinn. Mal angenommen, es gäbe in der Natur Hinweise auf einen Designer. Dann wären diese Teil der Antwort auf eine wissenschaftliche Frage und nicht die wissenschaftliche Fragestellung.

In den nächsten beiden Sätzen wird wieder methodologischer Naturalismus und ontologischer Naturalismus verwechselt. Die Untersuchung von übernatürlichen Phänomenen ist nicht per se ausgeschlossen. Wenn diesen Phänomenen ein Effekt in der "natürlichen" Welt nachgesagt wird, kann man es durchaus untersuchen und das wurde auch schon gemacht, beispielsweise wurde in verschiedenen Studien untersucht, ob Gebete für die Gesundung eines Kranken einen messbaren medizinischen Effekt hatten [Nicht wirklich. Einige Untersuchungen werden hier erwähnt: Gil Gaudia (2007). About Intercessory Prayer: The Scientific Study of Miracles. MedGenMed 9(1): 56].
Nicht übernatürliche Ursachen sind generell von einer wissenschaftlichen Untersuchung ausgeschlossen, übernatürliche "Erklärungen" sind es. Die IDler bezeichnen (wenn man so will) jeden Kranken, der sich jemals von einer Krankheit erholt hat, als von Gott geheilt.

Aber gut, was kann man auch von Menschen erwarten, die offenbar noch nicht einmal in der Lage sind, natürliche von übernatürlichen Ursachen zu unterscheiden. Um zu belegen, dass es falsch ist, nur natürliche Ursachen zur Untersuchung zu zulassen, bringen sie eins ihrer Lieblingsbeispiele, der Kriminalbeamte, der einen verdächtigen Tod untersuchen muss. Ursache des Todes könnte ein Unfall, eine Herzinfarkt oder auch ein Mord sein. Wenn der Untersuchungsbeamte "intelligente" Ursachen nicht zuließe und diese nicht von "natürlichen" Ursachen unterscheiden könne, würden viele Mörder mit ihrem Mord davon kommen.
Consider detectives investigating a suspicious death. The death could be due to an accident of a heart attack. But it could also be due to foul play. Respectable detectives must be open to both natural causes and intelligent ones, and they must be able to distinguish between the two well enough to satisfy the strict standards of a courtroom. Otherwise, many killers would get off scot-free. [S. 40]
Ich liebe dieses Beispiel.

Zwar spricht man bei Todesfällen von natürlichen und unnatürlichen Todesursachen (wobei Unfälle übrigens nicht zu den natürlichen Todesfällen zählen), aber die Definition dessen, was in diesem Kontext eine natürliche Ursache ausmacht, ist völlig anders als die Definition einer natürlichen Ursache im Bereich der Naturwissenschaften. Während in der Rechtsmedizin eine natürliche Ursache vielleicht am ehesten als "ohne Fremdeinwirkung" beschrieben werden kann, bedeutet "natürlich" im Rahmen der Naturwissenschaften, dass es einen (denkbaren) physikalischen Mechanismus geben muss. Die "unnatürlichen" Todesursachen der Rechtsmedizin sind deshalb völlig im Rahmen der Naturwissenschaften und anzudeuten, sie wären von einer naturwissenschaftlichen Untersuchung ausgeschlossen, ist – vorsichtig formuliert – nicht gerade ein Geniestreich. Das wird auch nicht abgemildert dadurch, dass vorsichtshalber von "intelligenten" und nicht "unnatürlichen" Todesursachen gesprochen wird. Wenn es einen denkbaren physikalischen Mechanismus gibt, sind "intelligente" Ursachen nicht von der Untersuchung ausgeschlossen. Gibt es keinen, sind sie "unnatürlich". Wortspielereien ändern daran nichts.

Regelrecht selbstmörderisch finde ich, dass sie die gerichtliche Untersuchung erwähnen. Dort muss, zum Nachweis eines Mordes (also einer "intelligenten Ursache" im ID-Sprech) gezeigt werden, dass der Angeklagte zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, Zugang zu den Mitteln hatte und natürlich muss sich die verwandte "Methode" und auch alle Nachweise im Rahmen der Naturgesetze befinden. Für Mord durch Hexerei oder Voodoozauber kann heutzutage glücklicherweise niemand (mehr) verurteilt werden und auch nicht aufgrund der Aussage eines Hellsehers, der behauptet, er haben den Angeklagten den Mord begehen sehen, aber genau das ist es, was IDler offenbar gerne hätten.

Im Rest des zweiten Kapitels beschreiben die Autoren, was sie unter Evolution verstehen, wie sie theistische Evolution sehen und wie sich ID von Kreationismus unterscheidet. EPIC FAIL.
Auf ihre Beschreibung von Evolution möchte ich gar nicht weiter eingehen, es ist zu deprimierend und es macht mich ehrlich gesagt, krank, mir das nur durchzulesen. Um einen Eindruck zu geben:
This [resistance to antibiotics, finch beaks varying in size] is small-scale evolution, known as microevolution and no one disputes it.
As helpful as the idea of microevolution is to biology, it is irrelevant to the larger claims of Darwinism. In microevolution no new species crop up – bacteria remain bacteria and finches remain finches [Anm.: Yeah. And why are there still monkeys?]

Controversy and confusion arise, however, when Darwinists claim that microevolution leads inevitably to macroevolution - radical, dramatic change that produces completely new species [Anm.: No problem, forget about all documented cases of speciation and make up your own definition of macroevolution. Science doesn't work that way but science doesn't interest you shit anyway then, does it.]. Darwinists assert, without evidence, that organisms have unlimited ability to change [Anm.: No one claims that. Organisms don't change at all. Groups of organisms do.]. Macroevolution is a central feature of Darwinism. [S. 42]
Kotz.
Eins möchte ich doch schnell rausgreifen, den Satz, "Darwinisten" würden behaupten, dass Organismen eine uneingeschränkte Wandlungsfähigkeit hätten. Daran ist jedes einzelne Wort falsch. Organismen wandeln sich überhaupt nicht und sie haben auch nicht die Fähigkeit dazu. Populationen verändern sich mit der Zeit, nicht Einzelindividuen. Ebenso behauptet keiner, dass die "Wandlungsfähigkeit" uneingeschränkt wäre.

Als Beispiel: Beim Menschen wird von den drei Mittelohrknochen der Steigbügel von einem anderen Nerven versorgt (Nervus facialis; "Gesichtsnerv") als die beiden anderen, Hammer und Amboss. Diese werden vom Trigeminusnerv (N. trigeminus) versorgt, der auch den Ober- und Unterkiefer innerviert.
Warum versorgen zwei verschiedene Nervenstränge das Mittelohr? Den Grund dafür kann man während der Embryonalentwicklung erkennen. Während der Steigbügel aus dem zweiten Kiemenbogen entsteht, entwickeln sich Hammer und Amboss aus dem ersten Kiemenbogen und entsprechend werden diese Knochen jeweils von zwei verschiedenen Nerven versorgt, die während der Embryonalentwicklung den zweiten bzw. ersten Kiemenbogen versorgen.

Nur warum diese seltsame Verteilung?

Die Vorfahren der Säugetiere hatten nur einen einzigen Gehörknochen, unseren heutigen Steigbügel. Die Knochen, die heute Hammer und Amboss bilden, waren Teil des (sog. primären) Kiefergelenks. Mit der Zeit hat sich ein zweites (sekundäres) Kiefergelenk gebildet und aus den Knochen des Unterkiefers, die an der Bildung des ursprünglichen Kiefergelenks beteiligt waren, bildeten sich Hammer und Amboss (und von Übergangsformen gibt's eine ganze Reihe Fossilien).

Was laut Evolutionstheorie nicht möglich ist, ist eine "Umschaltung" von der Versorgung durch zwei verschiedene Nervenstränge auf einen einzigen Nervenstrang, auch wenn das sicher "ökonomischer" wäre. *Dass* eine solche Umschaltung nicht möglich ist, *gibt* uns gerade Hinweise auf die Evolutionsgeschichte.

Das einzige, was ich ganz interessant an ihrem ahnungslosen (und das ist wirklich sehr wohlwollend formuliert) Geseiere über Evolution finde, ist, was ihre "Darstellung" über ID aussagt. Mikroevolution, natürliche Selektion und die occasional positive mutation [S. 43] werden akzeptiert (zähneknirschend im Fall von positiven Mutationen), die gemeinsame Abstammung, die meiner Meinung nach so gut belegt ist, dass man sie getrost als Tatsache bezeichnen kann, dagegen nicht.

Ihr Beispiel für einen Beleg von Darwin's theory, den sie akzeptieren würden, lautet so:
If, in order to beat the antibiotic, the bacteria had evolved into jellyfish, that would be evidence for Darwin's theory. But no such transition has ever been observed. [S. 43]
Allein für diesen Satz gehören sie öffentlich ausgepeitscht ausgelacht.

Dann sagen sie tatsächlich mal etwas direkt zu ID. Das muss man herausstreichen, denn wenn man bedenkt, dass ich schon mehr als ein Fünftel eines Buches besprochen habe, dessen Titel 'Understanding ID in plain language' heißt, ist ID bisher verdammt selten erwähnt worden:
The intelligent design community is a big tent. We have only begun to glimpse how design gets implemented and expressed in the fabric of nature [Anm.: You bet. I haven't read a single word about how design gets implemented and expressed. In fact, I haven't heard anyone suggesting ANYTHING about a possible mechanism. AFAIK the technical term is still "poof".]. Some argue that God continually intervenes in nature to create new species [Anm.: Oh really? So, we never ever observe speciation by evolution, because you said so but loads of new species poofing into existence, thanks God?!]. Others accept common descent [Anm.: Only one that I know of, Michael Behe], arguing that God front-loaded the universe with information to evolve [Anm.: Front-loading, that's Mike Gene, I forgot about him. But Behe doesn't believe in front-loading; he believes God is tinkering all the time. Must be sth catholic.].

[... blabla Behe blabla]

Many other ID theorists, on the other hand, reject common descent. Developmental biologist Jonathan Wells, coauthor of the Design of Life [Anm.: The other being Dembski of course. Only eight times cited as literature reference , plus a couple of times directly in the text. And it's on the Recommended Books list.], for instance, sees fossil and molecular data as so full of gaps as to overthrow the gradual pattern of organismal change predicted by Darwin's theory.

[Anm.: ALSO, WELLS IS A YOUNG EARTH CREATIONIST. HE BELIEVES THE EARTH IS LESS THAN 10000 YEARS OLD. HE BELIEVES THAT HUMANS AND DINOSAURS CO-EXISTED. HE BELIEVES THAT ALL ANIMALS ALIVE TODAY TURBOEVOLVED FROM SOME PAIRS ON NOAH'S ARCH IN LESS THAN 5.000 YEARS. HE DOESN'T REJECT THE THEORY OF EVOLUTION ALONE, HE REJECTS ALL OF MODERN SCIENCE! THAT is sth you don't mention, I wonder why?]

ID theorist may disagree over common descent [Anm.: and the AGE OF THE EARTH AND THE UNIVERSE], but they agree that organisms show clear, scientific evidence of design. Darwin's theory, in their view, is false [Anm.: Und was ist mit Behe, der große Teile davon anerkennt? Bisschen unbequem, was?] [S. 44]
'Tschuldigung für das Rumgeschreie.
Aber meiner Meinung nach ist es das größte give-away der IDler, dass sie sich noch nicht mal einig sind, was das Alter der Erde angeht. Es geht hier nicht um einen kleinen Unterschied, es geht um den Unterschied zwischen maximal 10.000 Jahren und 4.700.000.000 Jahren. Wenn es wirklich um Wissenschaft ginge (und wenn nicht sowas von komplett glasklar wäre, dass die Erde NICHT weniger als 10.000 Jahre alt ist), dann wären die 10.000 Jahre- und die 4,7 Milliarden Jahre-Verfechter in zwei verschiedenen Camps, die sich bis aufs Messer gegenseitig bekämpfen. Dagegen wäre das, was heute zwischen Wissenschaftlern und ID-Cranks stattfindet, ein Kaffeekränzchen. Ich persönlich würde auf einen wissenschaftlichen Kongress, auf dem Wissenschaftler mit derart unvereinbaren Grundauffassungen aufeinander treffen, nur mit schusssicherer Weste aufsuchen. Ihr macht Euch keine Vorstellung!

Das EINZIGE, was diese Leute gemeinsam haben, ist ihre verzweifelte Ablehnung der Evolutionstheorie, weil sie nicht ertragen können, dass sie NICHT Gottes Schoßhündchen sind.

Leute dagegen, die eine theistische Evolution vertreten, sind des Teufels verkappte Atheisten feige, weil sie der "Schlüsselfrage" ausweichen, ob Gottes Hand in der Natur erkennbar ist.
One might ask, if undirected material causes are so effective at "designing" the world, why invoke Got at all? Theistic evolution seems to put God out of a job or make Him a master of stealth who never shows His hand.
Theistic evolution sidesteps the key question: Does hard scientific evidence of design exist in nature? If so, can we discover evidence of God's existence? The answer is obvious: Put nature to the test [Anm.: Which test?] and see where the evidence points. This is precisely what intelligent design does – it has us do the scientific legwork to determine whether a designer actually is responsible for the physical world. [S. 44]
Ich muss bei Sätzen wie dem letzten immer an einen Hausmeister im blauen Kittel denken.
Aber was bei diesem Absatz auffällt:
Erstens, immer gefährlich, wenn ansonsten total unlogisch argumentierende Leute plötzlich Logik anwenden. Richtig, warum überhaupt Gott ins Spiel bringen? Aber ich bin mir sicher, die theistischen Evolutionisten (oder wie da der richtige Term ist; vielleicht auch theistische Darwinisten?) haben da ein paar Bibelsprüche parat.
Zweitens, bisher wurde konstant damit argumentiert, dass "Darwinismus" gleichbedeutend mit Atheismus und Naturalismus und im Grunde nur eine ganz perfide Erfindung ist, ein paar Leuten ein ungezügeltes Sexualleben zu ermöglichen. Und jetzt gibt es plötzlich Leute, die an Gott glauben UND die Evolutionstheorie akzeptieren? Ein Werk des Teufels, sage ich.
Drittens, scientific legwork? Das ist eine derartig weit von der Realität entfernte Behauptung, die ist schon wieder lustig.

Der letzte kurze Abschnitt dieses Kapitels dreht sich um die Frage, 'Who is the designer?'.
Intelligent design does not identify the designer [Anm.: Genau, darum wird auch die ganze Zeit aus der Bibel zitiert]. Why not? The question of the identity of the designer goes beyond the scientific evidence [Anm.: Which evidence?] for design into philosophy and religion. Most advocates of ID are Christians [Anm.: eine Seite vorher führen sie aus: "ID provides a platform for Christians of various stripes – including YEC, OEC, and gap-theorists – to find common ground in making the case for design in nature."], but many Jews, Buddhist, Muslims, Hindus, and agnostics see evidence for design in nature [Anm.: Christen, Juden, Buddhisten, Moslems, Hindus, Agnostiker und Atheisten akzeptieren allerdings auch die Evolutionstheorie]. The evidence of science can identify a designer consistent with the God of the Bible (for example, one that is powerful, creative, skilled, and benevolent [Anm.: Wer das glaubt, hat KEINE Ahnung von Biologie oder eine sehr, sehr, SEHR verquere Auffassung von benevolent.], but science alone cannot prove that this designer is the God of Christianity or any other religious faith. [S. 46]
Mir fehlen die Worte. Nicht nur wegen dieses letzten Abschnittes, sondern wegen der Gesamtheit dessen, was ich heute besprochen habe. In der Regel wird von IDlern die feindselige Reaktion von Wissenschaftlern auf ihre Texte so gedeutet, dass die Wissenschaftler Angst um ihre Pfründe hätten, oder weil sie ihr "Weltbild" in Gefahr sähen, das in der Vorstellung von IDlern natürlich maßgeblich davon beeinflusst ist, dass sie angeblich alle Atheisten sind.

Aber, wenn ich mal meine Gefühle als Indikatoren für die Gesamtheit nehme, was "uns" wirklich so furchtbar abstößt, hat nichts mit Evolution zu tun – es ist die Verfälschung, die *Vergewaltigung*, von allem, was Wissenschaft ausmacht. Wissenschaft, so wie sie heute betrieben wird, ist erfolgreich und, wenn vielleicht auch nicht immer in der Realität, aber vom Prinzip her, elegant. Die ungeschriebenen Regeln, denen Wissenschaft und Wissenschaftler heute folgen, sind über Jahrhunderte hinweg entstanden. Sie basieren zu einem großen Teil auf der Integrität der Menschen, die sie betreiben – und um die Leute dazu zu motivieren, sich integer zu verhalten, straft "die Gemeinschaft" diejenigen, die dagegen verstoßen, besonders hart.

Dembski und McDowell verstoßen gegen alles, was wissenschaftliche Integrität ausmacht und damit sind sie nicht allein. IDler werden meiner Meinung nach nicht in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht, nicht, weil sie keine Ergebnisse vorzuweisen haben, sie könnten (wenn sie wirklich irgendeine Hypothese hätten oder ansatzweise berechtigte Kritik) wahrscheinlich auch in solchen Journals veröffentlichen – sondern weil sie es nicht schaffen, ehrlich die Arbeit anderer Leute darzustellen, wirklich den aktuellen Stand der Forschung darzulegen, den sie kritisieren, oder konkret ihre Kritik anzubringen. Ich habe weiß Gott schon obskure Artikel gelesen, die veröffentlicht worden sind, aber die Autoren haben sich wenigstens an die Regeln gehalten!

Ich weiß nicht, wie ich es noch deutlicher machen soll und wahrscheinlich liest dies hier soundso kein ID-Befürworter und wenn, wird er mir wahrscheinlich nicht glauben. Aber der primäre Grund, warum ich ID ablehne, ist die Unehrlichkeit der Leute, die ID in der Öffentlichkeit vertreten. Warum gibt man als Literaturreferenz einen Leserbrief an, wenn nicht in der Hoffnung, dass niemand nachschaut, wie sie lautet und was "Mail Call" bei Newsweek ist? Welchen anderen Sinn hat das, als den Versuch, Leute in die Irre zu führen? Warum kann man nicht einfach sagen, was die Evolutionstheorie aussagt, warum muss man immer eine Karikatur daraus machen?
Es ist diese grundlegende Unehrlichkeit, die mich höchst unfreundlich auf ID reagieren lässt, nicht die Verteidigung irgendeines imaginären "Weltbildes", das mir von ID-Seite unterstellt wird.

MfG,
JLT

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Disclaimer: Alle Zitate, die ich angebe, entsprechen der Schreibweise im Text, enthalten keine Auslassungen, wenn nicht ausdrücklich gekennzeichnet, und sicherlich keine, die den Sinn des Zitierten verändern könnten (und Vollversionen der Zitate können gerne bei mir angefordert werden). Kursive Hervorhebungen sind wiedergegeben, wie sie im Text vorkommen, Hervorhebungen in Fettdruck stammen von mir, ebenso jedwede Tippfehler. Sollte ich nicht widerstehen können, sind Anmerkungen von mir im Text als solche gekennzeichnet, wahlweise auf Deutsch oder Englisch gehalten und können von mir aus auch gerne ignoriert werden, ich muss sie nur einfügen, um meine geistige Gesundheit zu erhalten, während ich schreibe.

8 Kommentare:

Cavon said...

Das EINZIGE, was diese Leute gemeinsam haben, ist ihre verzweifelte Ablehnung der Evolutionstheorie, weil sie nicht ertragen können, dass sie NICHT Gottes Schoßhündchen sind.

Ich finde, damit hast Du das Buch -und ID im allgemeinen- treffend beschrieben.

Po8 said...

Das einzig Intelligente am "Intelligenten Design" ist das Wort selbst im Namen.

Vielen Dank für die Mühe und ich bin schon gespannt auf Teil 6 ;-)

JLT said...

Bin gerade auf ein "Interview" gestoßen, das Sean McDowell mit Dembski führt (Das war bestimmt ü-ber-haupt nicht abgesprochen....). Sind insgesamt vier Teile und es ist nicht wirklich interessant (es sei denn man möchte wissen wie Dembski oder McDowell aussehen), im Grunde erzählen sie das Gleiche, was auch in dem Buch steht. Teil 4 enthält im Grunde meine Aussage, die Cavon oben zitiert, nur in ID-Sprech.

Durch einen Link bin ich dann auf ein Video gestoßen, in dem ein Wissenschaftler im Grunde genau das erzählt, was ich im letzten Abschnitt und auch schon anderswo geschrieben habe: Der absolute Mangel an Ehrlichkeit oder Integrität seitens der Kreationisten ist das, was Wissenschaftler am meisten an der ganzen Geschichte aufregt.

Muss man sich nicht anschauen, so furchtbar interessant ist es nicht, aber ich fand's schon lustig, dass ich einen oder zwei Links von dem Dembski/McDowell-"Interview" über Understanding ID entfernt ein Video finde, das so genau den gleichen Punkt zu Kreationisten/Kreationismus macht, den ich auch mache.

Der nächste Teil meiner Besprechung wird wohl erst am Wochenende kommen. Das Kapitel heißt "Surprising Truth" und kein Stück überraschend ist es eine einzige Lüge...

Anonymous said...

El Schwalmo warnt im FGH immer davor, Strohmänner abzufackeln. ID weise doch nur auf die kleinen Lücken hin, die man bei der Erklärung gewisser Details der Evolutionsmechanismen noch habe.
Im großen Zelt ID setzt man sich aber offenbar alle Arten von Strohhüten auf.

Ein großartiger Trick, keine Beispiele für die "clear, scientific evidence" intelligenten Designs zu nennen. So vermeidet man, widerlegt zu werden.

Mein Mathematikprofessor war immer bemüht, jeder Definition ein Beispiel folgen zu lassen, und erzählte von einer umfangreichen mathematischen Arbeit, in der interessante Eigenschaften einer bestimmten mathematischen Struktur nachgewiesen wurden. Später stellte sich heraus, dass es ein solches Gebilde gar nicht gibt.

Falls jetzt jemand nachfragen sollte, was ich meine (im Internet wird man ja maximal missverstanden): Es fehlen Beispiele für Organe, die auf Design hinweisen.

Mikroevolution wird also von IDlern anerkannt. Warum regen sie sich dann über Hitler auf, der sich mit seinem Judenhass und der Überlegenheit der arischen Rasse (wenn überhaupt) nur auf Mikroevolution bezieht?

Anonymous said...

Da fällt mir auf, diese Heterogenität im Anti-Evolutionslager erinnert mich frapperend an die Heterogenität im Anti-Globale-Erwärmung-Lager.

Da findet man auch irgendwie alles:
von "Es gibt eine Erwärmung" bis hin zu "Es gibt keine Erwärmung und der Mensch ist schuld, aber es ist trotzdem nicht schlimm, wenn es mal was wärmer wird".

Dazwischen gibt es dann auch jede Menge Schattierungen und trotzdem gehen die nicht gegenseitig aufeinander los.

Kann man die Leute nicht aufeinander hetzen? Das wäre doch amüsant. Oder erkennen die, dass sie Brüder im Geiste sind mit einem gemeinsamen Ziel ("Nieder mit den Klimaforschern!") und gehen sich deswegen nicht an die Gurgel?

JLT said...

@ Ludmila:

Also, in den USA ist deren gemeinsames Ziel "Nieder mit den Liberalen", wenn ich das richtig verstanden habe. Und vielleicht auch noch "Verteidigt USA gegen den Rest der Welt. USA! USA! USA!"

*wühlt in alten Posts*
Gefunden!

"This is more evidence of that Global Warming is driven by an agenda which is punish the United States economically by making it agree to reduce carbon emissions. [...] The problem in the eyes of much of the rest of the world is the United States holds too much economic and military power and they want that reduced. Getting us to encumber our economic growth through CO2 emission reduction is one way of putting the brakes on growing economic and military power."

Geschrieben bei - na? - einem IDler....

JLT said...

@ Kereng:
"Mikroevolution wird also von IDlern anerkannt. Warum regen sie sich dann über Hitler auf, der sich mit seinem Judenhass und der Überlegenheit der arischen Rasse (wenn überhaupt) nur auf Mikroevolution bezieht?"

Wie überaus garstig von Dir!
Respekt.

Michael Pleyer said...

"AFAIK the technical term is still "poof"."

Großartig. Ich musste wirklich laut lachen. Vielen Dank ;-).