Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat eine neue Empfehlung veröffentlicht, die sich mit ID/Kreationismus in Europa beschäftigt. Die Zusammenfassung ist so kurz wie eindeutig:
Heh. Das wird einigen nicht gefallen. Z. B. Dembski dazu:
MfG,
JLT
[via Panda's Thumb]
The theory of evolution is being attacked by religious fundamentalists who call for creationist theories to be taught in European schools alongside or even in place of it. From a scientific view point there is absolutely no doubt that evolution is a central theory for our understanding of the Universe and of life on Earth.
Creationism in any of its forms, such as “intelligent design”, is not based on facts, does not use any scientific reasoning and its contents are pathetically inadequate for science classes.
The Assembly calls on education authorities in member States to promote scientific knowledge and the teaching of evolution and to oppose firmly any attempts at teaching creationism as a scientific discipline.
Heh. Das wird einigen nicht gefallen. Z. B. Dembski dazu:
The Council of Europe may justly be renamed as “The European Council for the Advancement of Atheism.”Da ist sie wieder am Werk, die Evil Atheist Conspiracy.
MfG,
JLT
[via Panda's Thumb]
23 Kommentare:
Oh ja. ID hat nichts auch wirklich gar nichts mit Religion zu tun. Aber wer sagt, dass es keine Wissenschaft ist, ist ein Atheist. :-)
ID hat nun einmal mögliche weltanschauliche Implikationen, die dem Theismus näher liegen als dem Atheismus. Deswegen ist ID noch keine Religion. Analog: Die Urknalltheorie, bzw. wissenschaftliche Ansichten, wonach das Universum einen Anfang hat, wurde auch von Theisten willkommen geheißen, während viele atheistische Denker ein ewiges Universum bevorzugen würden.
Analog: Die Urknalltheorie, bzw. wissenschaftliche Ansichten, wonach das Universum einen Anfang hat, wurde auch von Theisten willkommen geheißen, während viele atheistische Denker ein ewiges Universum bevorzugen würden.
Möglich. Der Unterschied ist, dass Du schwerlich eine Seite von Atheisten finden wirst, die für ein ewiges Universum arumentieren, weil ihnen das besser in ihr Weltbild passt. Oder schlimmer noch, dies "Teach the controversy"-mäßig in den Schulen als Alternative zum anerkannten Modell unterrichtet haben wollen.
Generell scheint mir, dass Atheisten mit Fakten weniger Probleme haben als Theisten.
MfG, JLT
Ich sage nicht, dass ID eine Religion ist. Und die Empfehlung sagt das auch nicht. ID ist aber keine Wissenschaft. Oder wie es die Empfehlung ausdrückt:
"..is not based on facts, does not use any scientific reasoning.."
Die Argumente sind in der Regel Tatsachenverdrehungen, häufig trivial falsch oder glatte Lügen.Das ist auch der Grund warum ID von der scientific community abgelehnt wird.Die Urknalltheorie hingegen wird akzeptiert, weil vernünftige wissenschaftliche Konzepte dahinterstehen und es ne ganze Menge von dem gibt was Wissenschaftler "evidence" nennen, was für die Theorie spricht.
Das Problem, dass ich hauptsaechlisch mit ID habe, ist dass es nichtmals eine gescheite Theorie ist. Eine Theorie macht Vorhersagen. ID hingegen versucht nur auf sehr erbaermiliche Weise Dinge zu erklaeren, ohne jedoch eine Prognose zu treffen. Daher halte ich sogar den Begriff Theorie hier fuer nicht wirklich passend.themurmish.com
Welche großartigen Voraussagen macht die Evolutionstheorie?
ID will nie etwas mit Religion zu tun haben, aber schon in den Augen liberaler Religiöser ist ID im methodischen Sinne "junk science".
ID will nie etwas mit Weltanschauung zu tun haben, entspringt aber den fundamentalistischen Kreisen in den USA, die aus weltanschaulichen Gründen einen rechtskonservativen Rechristianisierungskurs forcieren.
ID will nie etwas mit dem Kreationismus zu tun haben, rekurriert aber doch auffallend auf seine Argumentationsmuster.
ID ist angeblich mit allen möglichen Weltanschauungen kompatibel, doch ID vertreten nur und ausschließlich Kreationisten oder rechtskonservative Religiöse.
Hmmm... da komme ich ins Grübeln ;-)
@themurmish:
Daher halte ich sogar den Begriff Theorie hier fuer nicht wirklich passend.
Der Begriff Theorie ist nicht nur nicht wirklich passend, er ist absolut nicht zutreffend. Eine wissenschaftliche Theorie beschreibt und erklärt in sich schlüssig mit einander in Zusammenhang stehende natürliche Pänomene. Sie muss alle dazu bekannten empirischen Daten erklären können und logische Schlüsse, die sich aus der formulierten Theorie ergeben, müssen durch weitere Experimente bestätigt werden (können).
Eine Theorie ist as good as it gets in der Wissenschaft, da es keinen endgültigen Beweis geben kann. Die Evolutionstheorie ist eine der am umfangreichsten belegten wissenschaftlichen Theorien überhaupt.
ID dagegen könnte man, wenn man freundlich ist, höchstens als Hypothese bezeichnen; prinzipiell überprüfbar, aber nicht durch empirische Daten gestützt. Die meisten Wissenschaftler sind sich einig, dass ID noch nicht mal eine Hypothese darstellt, da eine empirische Überprüfung nicht möglich ist. Die korrekte Bezeichnung wäre dann: Pseudowissenschaft
@ Anonymous 26 June 2007 11:37:00 CET:
"Welche großartigen Voraussagen macht die Evolutionstheorie?"
Ehrlich, wenn Du diese Frage ernsthaft stellen kannst, hast Du so wenig Ahnung, das müsste schon weh tun. (Für den Fall, dass Du nicht weißt, was in der Wissenschaft Voraussage heißt: das ist keine Voraussage wie die Wettervoraussage, nach dem Motto in 2 Mio. Jahren wird sich das Leben auf der Erde soundso entwickelt haben. Voraussagen sind logische Schlüsse, die sich aus der Theorie ergeben und die entweder in Form von Experimenten oder z. B. auch durch die Entdeckung von Fossilien bestätigt werden können.)
Spaßeshalber gebe ich Dir mal ein paar Beispiele von schon bestätigten Voraussagen. Hier z. B. einige, die sich aus common descent with modification ergeben, von Darwin vor 150 Jahren formuliert, bevor überhaupt Gene und DNA bekannt waren, bevor man wusste, wie Vererbung überhaupt funktioniert.
Aus common descent with modification ergibt sich, dass es eine "nested hierarchy" (unterschiedliche Verwandtschaftgrade; Gruppen von Organismen, die miteinander näher verwandt sind als zu Mitgliedern anderer Gruppen) der Verwandtschaftsbeziehungen zwischen verschiedenen Organismen geben muss. Tatsächlich können und wurden Organismen aufgrund anatomischer und anderer Merkmale verschiedenen solcher Gruppen zugeteilt. Die Validität der Einteilung in solche Gruppen wurde völlig unabhängig durch DNA-Sequenzierungen bestätigt. DNA-Sequenzen eines bestimmten Gens sind innerhalb einer Gruppe sehr viel ähnlicher als zu DNA-Sequenzen des gleichen Gens bei Mitgliedern einer anderen Gruppe.
Eine ander Voraussage daraus ist, dass sich beispielsweise Wale, da sie zur Gruppe der Säugetiere gehören, aus landlebenden Tieren entwickelt haben müssen. Tatsächlich hat man eine ganze Reihe von Übergangsformen gefunden, die dies bestätigen.
Als letztes Beispiel: Der Übergang vom Wasser zum Land. Ich sage mal nur:
Tiktaalik rosae. Eine Übergangsform, die genauso aussieht, wie sie nach der Evolutionstheorie aussehen musste, intermediär zwischen den schon bekannten früheren und späteren Formen. Von den beteiligten Wissenschaftlern (z. B. Daeschler) gezielt gesucht: sie wussten, wo sie suchen mussten, da sie den Zeitrahmen kannten, in dem eine solche Übergangsform existiert haben muss, und wo sich Gestein befand, dass in dieser Zeit entstanden ist - wenn denn die Evolutionstheorie zutreffend ist. Und tatsächlich fanden sie genau das, nach dem sie ausgehend von den Vorhersagen der Evolutionstheorie gesucht hatten.
Ich könnte noch ganz schön lange so weitermachen, aber wenn's Dich wirklich interessiert, dann schau Dich mal auf www.talkorigins.org um, insbesondere die FAQs. Beispielsweise die Introduction to Evolutionary Biology.
@JLT
=== schnipp ===
Ehrlich, wenn Du diese Frage ernsthaft stellen kannst, hast Du so wenig Ahnung, das müsste schon weh tun.
=== schnapp ===
Vorsicht, hier musst Du sehr genau argumentieren. 'Evolution' ist mehrdeutig, was Du angeführt hast, bezieht sich auf 'Evolution' im Sinne von 'Deszendenz'. Das ist ein gutes Argument gegen YEC.
Aber ID erkennt Deszendenz an (Behe beispielsweise expressis verbis in seinen neuesten Buch, andere ID-Vertreter eher implizit).
ID geht es aber um Mechanismen. Hier ist natürlich sehr viel problematischer, ob etwas vorhergesagt werden kann.
In der Evolutionsliteratur reicht die Spanne der Antworten auf die Frage, was beim 'rerunning the tape' passieren würde, von Gould, der davon ausgeht, dass alles kontingent ist, bis hin zu Conway Morris, der davon ausgeht, dass dasselbe sich wieder entwickeln würde.
Man kann für Beides Argumente beibringen, je nachdem, welche Rolle man 'constraints' beimisst. Letzendlich ist das dann auch eine Antwort auf die Frage, was man vorhersagen kann.
Man kann alles, was Du aufgelistet hast (und was in den üblichen Lehrbüchern der Evolutionsbiologie steht) problemlos in das Weltbild des ID einbauen. ID schließt ja nichts aus, anerkannt wird, was plausibel gezeigt werden kann. Das ist natürlich keine Stärke, sondern eine Schwäche: eine Theorie ist umso stärker, je mehr sie ausschließt. Die spannende Frage ist dann auch, wie 'stark' Evolution unter diesem Gesichtspunkt ist.
Aber ID geht noch einen Schritt weiter: angeblich soll durch Forschung gezeigt werden können, was nicht mit den bekannten Mechanismen bewirkt werden kann. Natürlich ist es ein Fehlschluss, daraus auf einen Designer zu schließen. Aber die Frage wird doch etwas kniffliger: wie genau kennen wir eigentlich Evolution, um davon ausgehen zu können, dass sie nur naturalistisch abgelaufen sein kann?
Versteh' mich nicht falsch, ich argumentiere nicht für ID, sondern gegen eine zu platte Argumentation.
Ich denke, wenn man ID kritisiert, sollte man schon sehr genau hinsehen, was ID behauptet und was nicht, denn dann merkt man schnell, dass bestimmte Argumente einfach keine sind. Ich habe mir die Mühe gemacht, das anzudeuten
http://www.waschke.de/mensa.htm
Auf jeden Fall sollte man berücksichtigen, was beispielsweise
Meyer, S.C. (2006) 'A Scientific History - and Philosophical Defense - of the Theory of Intelligent Design' Religion-Staat-Gesellschaft 7 (2):203-247
oder
Rammerstorfer, M. (2006) 'Intelligent Design – Jenseits des Schlagworts' Religion-Staat-Gesellschaft 7 (2):249-270
geschrieben haben. Pflichlektüre sollte auf jeden Fall
Dembski, W. (2004) 'The Design Revolution. Answering the Toughest Questions About Intelligent Design' Downers Grove; Leicester, InterVarsity Press
sein. Man merkt dann sehr schnell, wie schwach ID eigentlich ist, aber auch, wie wenig überzeugend viele 'Argumente' sind, die gegen ID vorgebracht werden.
An dieser Stelle möchte ich gerne den Klappentext von Behes neuem Buch zitieren:
"There is little question that all species on earth descended from a common ancestor. Overwhelming anatomical, genetic, and fossil evidence exists for that claim.
But the crucial question remains: How did it happen?"
@El Schwalmo:
"Vorsicht, hier musst Du sehr genau argumentieren. 'Evolution' ist mehrdeutig, was Du angeführt hast, bezieht sich auf 'Evolution' im Sinne von 'Deszendenz'. Das ist ein gutes Argument gegen YEC."
Schon klar, darum sagte ich ja auch:
"Spaßeshalber gebe ich Dir mal ein paar Beispiele von schon bestätigten Voraussagen. Hier z. B. einige, die sich aus common descent with modification ergeben, von Darwin vor 150 Jahren formuliert, bevor überhaupt Gene und DNA bekannt waren, bevor man wusste, wie Vererbung überhaupt funktioniert."
"Aber ID erkennt Deszendenz an (Behe beispielsweise expressis verbis in seinen neuesten Buch, andere ID-Vertreter eher implizit)."
Ich würde mal sagen, den meisten Leuten, die sich als ID-Vertreter bezeichnen, ist überhaupt nicht klar, dass ID common descent nicht ausschließt. Die meisten hätten meiner Meinung nach allergrößte Probleme zuzugeben, dass Menschen und Schimpansen gemeinsame Vorfahren haben.
"ID geht es aber um Mechanismen. Hier ist natürlich sehr viel problematischer, ob etwas vorhergesagt werden kann.
In der Evolutionsliteratur reicht die Spanne der Antworten auf die Frage, was beim 'rerunning the tape' passieren würde, von Gould, der davon ausgeht, dass alles kontingent ist, bis hin zu Conway Morris, der davon ausgeht, dass dasselbe sich wieder entwickeln würde.
Man kann für Beides Argumente beibringen, je nachdem, welche Rolle man 'constraints' beimisst. Letzendlich ist das dann auch eine Antwort auf die Frage, was man vorhersagen kann."
Sehe ich nicht so. Wie gesagt, Vorhersage bezieht sich nicht darauf, wie die Evolution ablaufen wird, sondern auf logische Schlüsse, die sich aus Aussagen der Evolutionstheorie ableiten lassen.
Das Rerunning the tape (mit den gleichen Bedingungen zur gleichen Zeit) würde vielleicht durch die Abfolge der Selektionsdrücke zu ähnlichen "Lösungen" führen. Aber da Mutationen ungerichtet, also auch nicht abhängig von Selektionsdrücken ablaufen, genauso Rekombination ein zufälliger Vorgang ist, könnten auch ganz andere Formen/Strukturen entstehen. Das hat mir der Vorhersagekraft der Evolutionstheorie gar nichts zu tun, schließlich bleiben die dahinter stehenden Mechanismen die gleichen.
"Man kann alles, was Du aufgelistet hast (und was in den üblichen Lehrbüchern der Evolutionsbiologie steht) problemlos in das Weltbild des ID einbauen. ID schließt ja nichts aus, anerkannt wird, was plausibel gezeigt werden kann. Das ist natürlich keine Stärke, sondern eine Schwäche: eine Theorie ist umso stärker, je mehr sie ausschließt. Die spannende Frage ist dann auch, wie 'stark' Evolution unter diesem Gesichtspunkt ist."
Nun, die Evolutionstheorie schließt zum Beispiel aus, dass aus mehreren Komponenten bestehende Strukturen spontan entstehen. Eine weitere Voraussage der Evolutionstheorie, die direkt aus den vorgeschlagenen Mechanismen resultiert: Für Mehrkomponenten-Systeme müssen graduelle, selektierbare Zwischenschritte möglich sein. Auch das ist auf vielen verschiedenen Ebenen gezeigt worden, beispielsweise für die Blutgerinnungskaskade und Rezeptor-Ligand-Systeme.
"Aber ID geht noch einen Schritt weiter: angeblich soll durch Forschung gezeigt werden können, was nicht mit den bekannten Mechanismen bewirkt werden kann. Natürlich ist es ein Fehlschluss, daraus auf einen Designer zu schließen. Aber die Frage wird doch etwas kniffliger: wie genau kennen wir eigentlich Evolution, um davon ausgehen zu können, dass sie nur naturalistisch abgelaufen sein kann?"
Irrelevant, meiner Meinung nach. Wir können nicht ausschließen, dass übernatürliche Wesen ihre Finger im Spiel hatten. Übernatürlich heißt ja gerade, nicht mit empirischen Methoden nachweisbar. Und ein Negativum lässt sich schon mal gar nicht "beweisen". Zudem, wie Du ja selbst schon festgestellt hast, schließt ID nichts wirklich aus. Selbst wenn Wissenschaftler Mutation für Mutation sämtliche Zwischenstufen von der Entstehungsgeschichte welcher Struktur auch immer nachweisen könnten, könnten sie immer noch nicht ausschließen – und würden IDler behaupten, dass ein übernatürlicher Spaßvogel genau diese Mutationen in genau dieser Reihenfolge durch irgendeinen übernatürlichen Hokuspokus bewirkt hat.
Tatsächlich, fällt mir auf, habe ich gerade aus Versehen die Kernaussage von ID wieder gegeben.
Drum ist ID ja auch keine Wissenschaft.
@christian passon:
"But the crucial question remains: How did it happen?"
Und zwischen den Buchdeckeln steht dann: "Poof"?
@JLT
=== schnipp ===
Vorsicht, hier musst Du sehr genau argumentieren. 'Evolution' ist mehrdeutig, was Du angeführt hast, bezieht sich auf 'Evolution' im Sinne von 'Deszendenz'. Das ist ein gutes Argument gegen YEC.
Schon klar, darum sagte ich ja auch:
"Spaßeshalber gebe ich Dir mal ein paar Beispiele von schon bestätigten Voraussagen. Hier z. B. einige, die sich aus common descent with modification ergeben, von Darwin vor 150 Jahren formuliert, bevor überhaupt Gene und DNA bekannt waren, bevor man wusste, wie Vererbung überhaupt funktioniert."
=== schnapp ===
leider beachtest Du diesen Unterschied weiter unten nicht.
=== schnipp ===
Aber ID erkennt Deszendenz an (Behe beispielsweise expressis verbis in seinen neuesten Buch, andere ID-Vertreter eher implizit).
Ich würde mal sagen, den meisten Leuten, die sich als ID-Vertreter bezeichnen, ist überhaupt nicht klar, dass ID common descent nicht ausschließt. Die meisten hätten meiner Meinung nach allergrößte Probleme zuzugeben, dass Menschen und Schimpansen gemeinsame Vorfahren haben.
=== schnapp ===
Ging es nun um ID, oder darum, was Menschen, die ID vertreten, glauben oder nicht?
=== schnipp ===
ID geht es aber um Mechanismen. Hier ist natürlich sehr viel problematischer, ob etwas vorhergesagt werden kann.
In der Evolutionsliteratur reicht die Spanne der Antworten auf die Frage, was beim 'rerunning the tape' passieren würde, von Gould, der davon ausgeht, dass alles kontingent ist, bis hin zu Conway Morris, der davon ausgeht, dass dasselbe sich wieder entwickeln würde.
Man kann für Beides Argumente beibringen, je nachdem, welche Rolle man 'constraints' beimisst. Letzendlich ist das dann auch eine Antwort auf die Frage, was man vorhersagen kann.
Sehe ich nicht so. Wie gesagt, Vorhersage bezieht sich nicht darauf, wie die Evolution ablaufen wird, sondern auf logische Schlüsse, die sich aus Aussagen der Evolutionstheorie ableiten lassen.
=== schnapp ===
Dann musst Du noch präziser argumentieren und vor allem angeben, was Du unter 'Evolutionstheorie' verstehen möchtest. Ich kenne ein paar Dutzend Evolutionstheorien, aus denen man durchaus widersprüchliche Aussagen ableiten kann (ich kann Dir gerne Literatur nennen, bei Bedarf seit Darwins 'Origins', selbstverständlich auch solche, die eine '2' im Jahrtausend aufweisen).
Unter 'Evolutionstheorie' möchte ich gerne eine durchgehend naturalistische Auffassung von Evolution verstehen, egal, wie die nun konkret abgelaufen ist. In diesem Kontext ist Deszendenz aber kein Argument, denn zumindest der Designer, den ID einsetzt, schafft nicht 'ex nihilo' neue Arten, sondern verwendet 'Module' (was auch immer das sein mag).
=== schnipp ===
Das Rerunning the tape (mit den gleichen Bedingungen zur gleichen Zeit) würde vielleicht durch die Abfolge der Selektionsdrücke zu ähnlichen "Lösungen" führen.
=== schnapp ===
Nicht unbedingt. Die Selektionsdrücke spielen in vielen Evolutionstheorien nur eine untergeordnete Rolle. Falls die Menschen, die von constraints ausgehen, Recht haben, ist die Rolle der Selektion auf ein 'Feintuning' begrenzt. Sie führt dann mehr oder weniger zwingend zu genau den Lösungen, die wir beobachten können. Entscheidend ist dann der Mutationsdruck (tm), nicht die Selektion. Genauer: die Selektion ist dann 'Ausmerze' (tm) und nicht 'schöpferisch'.
=== schnipp ===
Aber da Mutationen ungerichtet, also auch nicht abhängig von Selektionsdrücken ablaufen, genauso Rekombination ein zufälliger Vorgang ist, könnten auch ganz andere Formen/Strukturen entstehen.
=== schnapp ===
Du setzt voraus, um was der Streit geht: wenn die constraints hinreichend eng sind, können eben keine anderen Formen entstehen, egal, welche Selektionsdrücke Du verwendest. Die Formen könnten sogar entstehen, würden aber nicht überleben.
=== schnipp ===
Das hat mir der Vorhersagekraft der Evolutionstheorie gar nichts zu tun, schließlich bleiben die dahinter stehenden Mechanismen die gleichen.
=== schnapp ===
Nun bist Du noch eine Ebene weiter: in der Evolutionsliteratur wird gestritten, welche Mechanismen denn nun konkret Evolution bedingen. Eine Aussage wie 'die dahinter stehenden Mechanismen bleiben die gleichen' ist extrem gewagt. Zudem hängen die Mechanismen davon ab, welche Strukturen vorhanden sind.
=== schnipp ===
Man kann alles, was Du aufgelistet hast (und was in den üblichen Lehrbüchern der Evolutionsbiologie steht) problemlos in das Weltbild des ID einbauen. ID schließt ja nichts aus, anerkannt wird, was plausibel gezeigt werden kann. Das ist natürlich keine Stärke, sondern eine Schwäche: eine Theorie ist umso stärker, je mehr sie ausschließt. Die spannende Frage ist dann auch, wie 'stark' Evolution unter diesem Gesichtspunkt ist.
Nun, die Evolutionstheorie schließt zum Beispiel aus, dass aus mehreren Komponenten bestehende Strukturen spontan entstehen.
=== schnapp ===
Das stimmt definitiv nicht. Saltationistische Evolutionstheorien fordern das. Bevor Du nicht präzisierst, welche Evolutionstheorie Du überhaupt vertrittst, machen Ausagen wie 'die Evolutionstheorie ...' keinen Sinn.
BTW, ist Symbiogenese eine Falsifikation des Typs Evolutionstheorie, den Du vertrittst?
'Saltationismus' (tm) ist natürlich längst out. Aber Systemtheorien oder EvoDevo argumentieren mutatis mutandis auf einer höheren Ebene genauso wie die 'klassischen' Saltationisten wie Goldschmidt oder Schindewolf. Egal, wie man das nun konkret nennt, diese Vorstellungen sind mit der STE in der klassischen Form nicht zu vereinbaren.
Das ist natürlich auch der Grund, warum die ID-ler kaum von 'Evolutionstheorie', sondern meist von 'Darwinismus' oder 'Neo-Darwinismus' reden. Das IC-Argument trifft diese Vorstellungen durchaus. Die modernen Evolutionstheorien sind aber umfassender, man muss das in der Diskussion unbedingt betonen. Der Pferdefuß dabei ist aber, dass man 'Darwinismus' (AKA Selektionstheorie (tm)) lange Zeit als 'bewiesen' verkauft hat. Das rächt sich nun.
=== schnipp ===
Eine weitere Voraussage der Evolutionstheorie, die direkt aus den vorgeschlagenen Mechanismen resultiert: Für Mehrkomponenten-Systeme müssen graduelle, selektierbare Zwischenschritte möglich sein.
=== schnapp ===
Auch das trifft nicht für alle Evolutionstheorien zu, sondern ist eine Folgerung des Gradualismus. Und zudem ist das noch zu 'eng' für die Evolutionstheorie, die lange Zeit Standard war (Synthetische Theorie, im Prinzip das, was Darwin 'my theory' nannte): die forderte, dass auf die Endfunktion hin selektiert wird. Genau das hat Behe mit IC widerlegt (aber das ist nichts Neues, schon zu Darwins Lebzeiten hat Mivart das gezeigt, und im Laufe der Wissenschaftsgeschichte wird dieser Einwand immer wieder vorgebracht, er wurde noch nie widerlegt). Funktionswechsel sind dieser Evolutionstheorie wesensfremd, obwohl deren Vertreter das AFAIK noch nie aufgefallen ist. Sie gehen von schöpferischer Selektion aus, bei einem Funktionswechsel ist der schöpferische Schritt eben nicht selektionsgesteuert.
Die Konsequenzen sind enorm: genau das, was durch diesen Mechanismus erreicht werden sollte, eben die Evolution intelligibel zu machen, wird zunichte gemacht.
=== schnipp ===
Auch das ist auf vielen verschiedenen Ebenen gezeigt worden, beispielsweise für die Blutgerinnungskaskade und Rezeptor-Ligand-Systeme.
=== schnapp ===
Auch hier musst Du sehr genau hinschauen. Hat man eine plausible Deszendenz (die ganzen DNA-Sequenzhomologien sind ja nichts Anderes) dargestellt, oder kennt man die Mechanismen, die diese Deszendenz erzeugten? Mutatis mutandis liegt hier oft dieselbe Verwechslung von 'bookkeeping' mit Mechanismen vor, die schon bei den Ultra-Darwinisten problematisch war.
Immer daran denken: ID geht es um Mechanismen für die Genese von Systemen, nicht um deren Funktion.
=== schnipp ===
Aber ID geht noch einen Schritt weiter: angeblich soll durch Forschung gezeigt werden können, was nicht mit den bekannten Mechanismen bewirkt werden kann. Natürlich ist es ein Fehlschluss, daraus auf einen Designer zu schließen. Aber die Frage wird doch etwas kniffliger: wie genau kennen wir eigentlich Evolution, um davon ausgehen zu können, dass sie nur naturalistisch abgelaufen sein kann?
Irrelevant, meiner Meinung nach. Wir können nicht ausschließen, dass übernatürliche Wesen ihre Finger im Spiel hatten. Übernatürlich heißt ja gerade, nicht mit empirischen Methoden nachweisbar. Und ein Negativum lässt sich schon mal gar nicht "beweisen". Zudem, wie Du ja selbst schon festgestellt hast, schließt ID nichts wirklich aus. Selbst wenn Wissenschaftler Mutation für Mutation sämtliche Zwischenstufen von der Entstehungsgeschichte welcher Struktur auch immer nachweisen könnten, könnten sie immer noch nicht ausschließen – und würden IDler behaupten, dass ein übernatürlicher Spaßvogel genau diese Mutationen in genau dieser Reihenfolge durch irgendeinen übernatürlichen Hokuspokus bewirkt hat.
=== schnapp ===
Sei vorsichtig, Behe und auch andere ID-Vertreter haben expressis verbis betont, dass sie nicht so reagieren würden. Darauf könnte man sie festnageln. Die sagen auch, dass man Design nie ausschließen kann, betonen aber, dass sie es nur dort einfordern, wo gezeigt werden kann, dass naturalistische Prozesse eben nicht in der Lage sind, bestimmte Strukturen zu erzeugen.
Die einfachste und vernichtendste Kritik von ID wäre, einfach zu zeigen, wie die Genese der infrage stehenden Strukturen (erste Zelle durch Abiogenese, Bakteriengeißel etc.) naturalistisch plausibel erklärt werden kann. Das ist bisher noch nicht erfolgt. Und hier liegt die Brisanz der ID-'Argumentation': eben weil man der interessierten Öffentlichkeit immer eingeredet, was doch alles schon erforscht und bekannt ist, hat man nun ein Problem, wenn man einräumen muss, wie wenig bekannt ist.
Schau Dir mal die Argumentation an: die erfolgt meist entweder insuffizient (lies einfach mal die Repliken von Behe auf konkrete inhaltlich-biologische Einwände), oder wissenschaftstheoretisch. Aber dann hat man das Problem, dass einem der ID-ler sagt, dass es ihn nicht interessiert, wie wir etwas im Rahmen der Erkenntnismöglichkeiten einer bestimmten Auffassung von Wissenschaft erklären können, sondern wie es wirklich war. Die Diskussion kann ganz schön kniffelig werden.
=== schnipp ===
Tatsächlich, fällt mir auf, habe ich gerade aus Versehen die Kernaussage von ID wieder gegeben.
=== schnapp ===
Sorry, das hast Du eben nicht. Ich habe Dir Quellen genannt, in denen konkret steht, was ID behauptet und was nicht.
Weißt Du, solange Du mit Menschen unserer wissenschaftlichen Sozialistation redest und ID nur von UnderDogs wie Kreationisten, Bibel-Fundis, Muslimen oder auch ZJ vertreten wird, kann man sich erlauben, gar nicht näher zu kennen, auf was man eindrischt.
Aber stell Dir mal vor, die RKK bemerkt, dass sie eigentlich auch schon seit Urzeiten ID vertritt und Du musst argumentativ gegen diese Menschen bestehen, die ihre Hausaufgaben in Wissenschaftstheorie gemacht haben und nicht an einer buchstabengetreuen Bibel-Interpretation kleben und sich möglicherweise in Wissenschaftsgeschichte auskennen. Dann musst Du Dich warm anziehen, falls Du Deinen Standpunkt vertreten willst.
=== schnipp ===
Drum ist ID ja auch keine Wissenschaft.
=== schnapp ===
Das stimmt so auch nicht. ID vertritt nicht die Auffassung von Wissenschaft, die wir vertreten (aber auch hier muss man sehr genau hinschauen, steck mal beispielsweise Mahner und Gutmann in einen Raum und lass die definieren, was sie unter 'Wissenschaft' verstehen, dann merkst Du, dass die sich möglicherweise nicht viel näher stehen als beide ID). Johnson beispielsweise fordert explizit eine andere Auffassung von 'Wissenschaft' ein, als sie vom derzeitigen Standard vertreten wird.
BTW, in der wissenschaftstheoretischen Fachliteratur ist durchaus umstritten, was im Bereich der Naturwissenschaften‚wissenschaftlich‘ überhaupt bedeutet. Es nicht trivial, Pseudo-, Proto- , Para- und weiß der Herr noch was für Wissenschaften sauber zu trennen.
Von Geisteswissenschaften ist noch gar nicht die Rede, das wird noch komplexer
"Ging es nun um ID, oder darum, was Menschen, die ID vertreten, glauben oder nicht?"
Solange es keine ID-Hypothese gibt und keine Forschung zu dem Thema, *gibt* es kein ID unabhängig von dem, was die einzelnen IDler glauben. Ich habe noch nicht von einem einzigen konkreten Forschungsvorhaben gehört, das vorgeschlagen worden wäre. Das Ganze ist eine amerikanische politische Bewegung, kreationistisches Gedankengut in die Schulen zu bringen, mehr nicht. Die meisten Vertreter haben nur "Kreationismus" durch "ID" ersetzt, ohne mehr Ahnung von dem zu haben, was die Posterboys Behe und Dembski unter ID verstehen, als von Evolution.
"Genauer: die Selektion ist dann 'Ausmerze' (tm) und nicht 'schöpferisch'."
So wie ich das verstehe, ist Selektion nicht 'schöpferisch'. Sie verringert die vorhandene Variation.
Du setzt voraus, um was der Streit geht: wenn die constraints hinreichend eng sind, können eben keine anderen Formen entstehen, egal, welche Selektionsdrücke Du verwendest. Die Formen könnten sogar entstehen, würden aber nicht überleben.
Ich unterscheide zwischen Formen und dem anatomischen oder genetischen Aufbau dieser Formen. Selbst ohne rerunning gibt es konvergente Entwicklungen, bei denen die gleiche "Lösung" durch die Verwendung unterschiedlicher anatomischer Gegebenheiten erreicht wurden, siehe Flügel, um ein klassisches Beispiel zu bringen. Vielleicht würden bei einem rerunning wieder Flügel entstehen, vielleicht wären sie aber noch ganz anders aufgebaut, als die bekannten Arten. Insgesamt halte ich das aber eh nur für eine Gedankenspielerei, interessant zwar, aber da nicht umsetzbar eher eine philosophische Frage.
Ich schrieb: Sehe ich nicht so. Wie gesagt, Vorhersage bezieht sich nicht darauf, wie die Evolution ablaufen wird, sondern auf logische Schlüsse, die sich aus Aussagen der Evolutionstheorie ableiten lassen.
Das Rerunning the tape (mit den gleichen Bedingungen zur gleichen Zeit) würde vielleicht durch die Abfolge der Selektionsdrücke zu ähnlichen "Lösungen" führen. Aber da Mutationen ungerichtet, also auch nicht abhängig von Selektionsdrücken ablaufen, genauso Rekombination ein zufälliger Vorgang ist, könnten auch ganz andere Formen/Strukturen entstehen. Das hat mir der Vorhersagekraft der Evolutionstheorie gar nichts zu tun, schließlich bleiben die dahinter stehenden Mechanismen die gleichen.
"Nun bist Du noch eine Ebene weiter: in der Evolutionsliteratur wird gestritten, welche Mechanismen denn nun konkret Evolution bedingen. Eine Aussage wie 'die dahinter stehenden Mechanismen bleiben die gleichen' ist extrem gewagt. Zudem hängen die Mechanismen davon ab, welche Strukturen vorhanden sind."
Das geht doch am Punkt vorbei. Evolution enthält zufällige Elemente wie Gendrift und welche genetischen Veränderungen auftreten. Egal, welche Mechanismen genau jemand vorschlägt, ob diese zutreffend sind oder nicht kann daher nicht davon abhängen, ob mit ihrer Hilfe der genaue zukünftige Verlauf vorhergesagt werden kann, in Bezug auf "Es wird zwangsläufig diese oder jene Struktur entstehen", weil nur eine Selektion vorhandener Variationen stattfinden kann. Anders formuliert: Die gleichen Mechanismen (mal unabhängig davon, welche man annimmt) können aufgrund der zufälligen Elemente unterschiedliche "Resultate" haben. Das hat aber mit der Vorhersagekraft der Theorie nichts zu tun. Beim radioaktiven Zerfall kann man auch nicht vorhersagen, welches Teilchen nun als nächstes zerfällt.
Mal ganz abgesehen davon, dass es für die Beurteilung von ID völlig unerheblich ist, welche Voraussagekraft die Evolutionstheorie hat. Die Evolutionstheorie könnte die schlechteste Theorie nach der "Die Amerikaner sind niemals auf dem Mond gelandet"-Theorie sein, deswegen wäre ID trotzdem nicht gültig. Das ist eine unzutreffende Dichotomie, wie Du sicherlich weißt, weswegen das ganze Rumgeheule der IDler wegen angeblicher Lücken in der Evolutionstheorie ja auch fruchtlos ist. Eine Widerlegung der Evolutionstheorie hätte keinerlei Einfluss auf eine Akzeptanz von ID.
"Auch das trifft nicht für alle Evolutionstheorien zu, sondern ist eine Folgerung des Gradualismus. Und zudem ist das noch zu 'eng' für die Evolutionstheorie, die lange Zeit Standard war (Synthetische Theorie, im Prinzip das, was Darwin 'my theory' nannte): die forderte, dass auf die Endfunktion hin selektiert wird. Genau das hat Behe mit IC widerlegt (aber das ist nichts Neues, schon zu Darwins Lebzeiten hat Mivart das gezeigt, und im Laufe der Wissenschaftsgeschichte wird dieser Einwand immer wieder vorgebracht, er wurde noch nie widerlegt). Funktionswechsel sind dieser Evolutionstheorie wesensfremd, obwohl deren Vertreter das AFAIK noch nie aufgefallen ist. Sie gehen von schöpferischer Selektion aus, bei einem Funktionswechsel ist der schöpferische Schritt eben nicht selektionsgesteuert."
Mir ist durchaus klar, dass es auch größere Veränderungen als Punktmutationen gibt und Veränderungen beispielsweise in regulatorischen Bereichen große Auswirkungen haben können. Und auch von Funktionswechseln habe ich schon mal gehört, Du wirst es nicht glauben. Willst Du mir tatsächlich unterstellen, ich würde glauben, dass nur auf "Endfunktion" (was soll das überhaupt sein, Evolution hat ja nicht vorgestern aufgehört) hin selektiert werden könnte? Dann hätte ich das in ganz schön vielen meiner vorangegangenen Posts aber gut verborgen...
Was ich mit Zwischenschritten meine, ist, dass es unmöglich ist, dass beispielsweise ein komplettes neues funktionsfähiges Gen, das weder in einzelnen Domänen noch in der gesamten Sequenz irgendwelche Homologien zu schon vorher Vorhandenen aufweist, einfach so aus dem Nichts auftaucht. Würde man so etwas finden, wäre das mit welcher Variante der Evolutionstheorie auch immer nicht zu erklären.
Mit ID natürlich schon: Poof.
"Hat man eine plausible Deszendenz (die ganzen DNA-Sequenzhomologien sind ja nichts Anderes) dargestellt, oder kennt man die Mechanismen, die diese Deszendenz erzeugten? "
Nennt man Vererbung.
Hör mal, ich habe keine Ahnung, worauf Du hinaus willst. "Mechanismen die Deszendenz erzeugen"? Wenn ich das mal in normales Deutsch übersetze, heißt das, Wie kommt es zur Abstammung.
"Immer daran denken: ID geht es um Mechanismen für die Genese von Systemen, nicht um deren Funktion."
Immer daran denken: ID geht es darum, Kreationismus in die Schulen zu bringen.
"Sei vorsichtig, Behe und auch andere ID-Vertreter haben expressis verbis betont, dass sie nicht so reagieren würden. Darauf könnte man sie festnageln. Die sagen auch, dass man Design nie ausschließen kann, betonen aber, dass sie es nur dort einfordern, wo gezeigt werden kann, dass naturalistische Prozesse eben nicht in der Lage sind, bestimmte Strukturen zu erzeugen."
a) hat Behe schon zurückgerudert. Rezeptor-Ligand-Systeme wie das, auf dass ich in meinem früheren Kommentar verlinkt habe, waren bei ihm ursprünglich mal IC, nachdem das veröffentlicht war, sind diese plötzlich nie IC gewesen.
b) kann man ein Negativum nicht beweisen.
"
Schau Dir mal die Argumentation an: die erfolgt meist entweder insuffizient (lies einfach mal die Repliken von Behe auf konkrete inhaltlich-biologische Einwände), oder wissenschaftstheoretisch. Aber dann hat man das Problem, dass einem der ID-ler sagt, dass es ihn nicht interessiert, wie wir etwas im Rahmen der Erkenntnismöglichkeiten einer bestimmten Auffassung von Wissenschaft erklären können, sondern wie es wirklich war. Die Diskussion kann ganz schön kniffelig werden.
Ich nehme mal an, Du meinst die Repliken *auf* Behe, nicht *von* Behe, in diesem Zusammenhang?
Dann kann ich nur sagen, es ist zeimlich schwierig, kronkret inhaltliche bioloogische Einwände auf schwammiges Wischi-Waschi zu geben, in dem weder Mechanismen vorgeschlagen werden, noch mögliche Ansätze zur Überprüfung dieser.
Und zu dem "wie es *wirklich* war" – wer auf der Suche nach endgültigen und absoluten Wahrheiten ist, ist bei der Naturwissenschaft an der falschen Adresse. Wir können immer nur sagen, wie es wahrscheinlich gewesen ist oder wie es gewesen sein könnte. Ohne die Möglichkeit der Zeitreise werden wir NIE sagen können, wie es *wirklich* gewesen ist. Wer damit nicht klarkommt, soll sich doch eine der Religionen aussuchen, gibt ja genug.
Religionen haben ja das Monopol auf absolute Wahrheiten (auch wenn "ReligionEN" und "Monopol" ein kleines Problem darstellt...). Die muss man dann allerdings glauben, belegen lassen sie sich nicht.
"Sorry, das hast Du eben nicht. Ich habe Dir Quellen genannt, in denen konkret steht, was ID behauptet und was nicht."
Sobald ein IDler einen Artikel in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlicht, werde ich es lesen. Ihre Prosa lese ich nicht.
"Weißt Du, solange Du mit Menschen unserer wissenschaftlichen Sozialistation redest und ID nur von UnderDogs wie Kreationisten, Bibel-Fundis, Muslimen oder auch ZJ vertreten wird, kann man sich erlauben, gar nicht näher zu kennen, auf was man eindrischt."
Siehe oben.
"Aber stell Dir mal vor, die RKK bemerkt, dass sie eigentlich auch schon seit Urzeiten ID vertritt und Du musst argumentativ gegen diese Menschen bestehen, die ihre Hausaufgaben in Wissenschaftstheorie gemacht haben und nicht an einer buchstabengetreuen Bibel-Interpretation kleben und sich möglicherweise in Wissenschaftsgeschichte auskennen. Dann musst Du Dich warm anziehen, falls Du Deinen Standpunkt vertreten willst."
Welche Theorie wissenschaftlich anerkannt ist oder nicht, wird weder in Prosa noch durch die RKK noch in irgendwelchen Diskussionen über Wissenschaftstheorie entschieden.
Es wird von Wissenschaftlern entschieden, von jedem einzeln und für sich, was er oder sie für zutreffend hält, weil die Daten überzeugend sind, weil die Schlussfolgerungen logisch sind, indem er/sie sich auf diese Veröffentlichungen beruft, diese Daten/Schlussfolgerungen in seine eigene Hypothese einbaut etc.
"Das stimmt so auch nicht. ID vertritt nicht die Auffassung von Wissenschaft, die wir vertreten (aber auch hier muss man sehr genau hinschauen, steck mal beispielsweise Mahner und Gutmann in einen Raum und lass die definieren, was sie unter 'Wissenschaft' verstehen, dann merkst Du, dass die sich möglicherweise nicht viel näher stehen als beide ID). Johnson beispielsweise fordert explizit eine andere Auffassung von 'Wissenschaft' ein, als sie vom derzeitigen Standard vertreten wird.
BTW, in der wissenschaftstheoretischen Fachliteratur ist durchaus umstritten, was im Bereich der Naturwissenschaften‚wissenschaftlich‘ überhaupt bedeutet. Es nicht trivial, Pseudo-, Proto- , Para- und weiß der Herr noch was für Wissenschaften sauber zu trennen.
Von Geisteswissenschaften ist noch gar nicht die Rede, das wird noch komplexer"
Siehe oben.
Nur ein paar Details @ El Schwalmo:
>>Ging es nun um ID, oder darum, was Menschen, die ID vertreten, glauben oder nicht?
Mich würde interessieren, wie man das eine vom anderen trennen soll. Wenn ID objektiv unbegründet erscheint, dann ist ID immer nur das, was die Menschen glauben, die ID vertreten :-)
Im übrigen scheint auch Behe nicht klar zu sein, was "common descent" eigentlich bedeutet: Wie kann sich jemand, der ID vertritt, ernsthaft hinstellen und sagen, er halte an der Theorie der gemeinsamen Abstammung fest, wenn doch jeder einzelne Schöpfungsakt den "genealogischen Nexus" auflöst? Und das ist zwangsläufig der Fall, wenn ID über das hinausgeht, was das natürliche Variationspotential hergibt.
>>In diesem Kontext ist Deszendenz aber kein Argument, denn zumindest der Designer, den ID einsetzt, schafft nicht 'ex nihilo' neue Arten, sondern verwendet 'Module' (was auch immer das sein mag).
Ist das nun eine dieser theologischen Aussagen, die ID-ler angeblich gar nicht machen? Was spricht denn dafür, dass der Designer "Module" verwendet? Könnte er nicht auch auf Module verzichtet und jede Spezies individuell erschaffen haben?
Dass die Evolution nur mit "Modulen" arbeiten kann (Mosaikevolution), lässt sich konkret vorhersagen, wenn man einerseits die Deszendenztheorie voraussetzt und das Wissen um entwicklungsbiologische Faktoren ("constraints") berücksichtigt. Aber zu behaupten, der Designer habe sich eben an die evolutionären Limitierungen gehalten, ist eine ad-hoc-Hypothese, die sich nicht begründen lässt. Das ist der feine Unterschied. Und das wollte JLT vermutlich ganz dezent andeuten.
>>Das stimmt definitiv nicht. Saltationistische Evolutionstheorien fordern das. Bevor Du nicht präzisierst, welche Evolutionstheorie Du überhaupt vertrittst…
Vermutlich schwebst Du zu sehr in "historischen Dimensionen". Geh' doch mal davon aus, dass JLT als junge Biologin die modernen kausaltheoretischen Ansätze, die auf der Homöoboxenforschung und auf „EvoDevo“ beruhen, voraussetzt und nicht irgendwelchen überkommenen saltationistischen Vorstellungen anhängt. Warum muss man das immer explizit dazusagen?
>>Aber Systemtheorien oder EvoDevo argumentieren mutatis mutandis auf einer höheren Ebene genauso wie die 'klassischen' Saltationisten wie Goldschmidt oder Schindewolf. Egal, wie man das nun konkret nennt, diese Vorstellungen sind mit der STE in der klassischen Form nicht zu vereinbaren.
Hier solltest Du fairerweise hinzufügen, dass das eine extrem eigenwillige Sichtweise darstellt. Dir ist doch bekannt, dass Riedl seine "Systemtheorie" als Erweiterung der "Synthetischen Theorie" verstanden hat. Analoges gilt für Hall, Kirschner & Gerhart etc. bezüglich Evo-Devo.
>>Auch das trifft nicht für alle Evolutionstheorien zu, sondern ist eine Folgerung des Gradualismus. Und zudem ist das noch zu 'eng' für die Evolutionstheorie, die lange Zeit Standard war (Synthetische Theorie, im Prinzip das, was Darwin 'my theory' nannte): die forderte, dass auf die Endfunktion hin selektiert wird.
Macht es wirklich Sinn, hier mit einer solchen "High-End-Diskussion" aufzuwarten? Wo hat denn JLT diese Forderung erhoben? Kann man überhaupt sinnvoll fordern, dass die Vorstufen eines Systems auf die spätere (End-)Funktion hin selektierbar sein müssen? Wie soll das denn gehen?
Das ist doch nur der "red herring" der ID-ler, die sich weigern, zur Kenntnis zu nehmen, dass Evolution so gar nicht ablaufen kann und auch gar nicht abzulaufen braucht. Es wird doch heute allgemein davon ausgegangen, dass die Bildung eines Merkmalskomplexes mit einer qualitativ neuen Funktion A ein unbeabsichtigter "Neben-Effekt" bei der gradualistischen Optimierungen eines Funktionszustandes B ist. Folglich entstehen auch „irreduzibel komplexe“ Systeme immer etappenweise (bzw. gradualistisch), aber halt eben auf Umwegen, unter Berücksichtigung von Funktionswechsel. Das widerspricht doch nicht dem, was JLT sagte, weil sie das wahrscheinlich stillschweigend bereits vorausgesetzt hat.
>>Eine Aussage wie 'die dahinter stehenden Mechanismen bleiben die gleichen' ist extrem gewagt.
Ist es nicht weitaus gewagter, das Gegenteil zu behaupten? Mutation und Selektion sind doch universell gültige Basisfaktoren – egal, welche entwicklungsbiologischen Prinzipien es sonst noch geben mag. Das Auftreten von Keimbahn-Mutationen ist der Ursprung aller evolutionären Veränderungen, und das Selektionsprinzip tritt auf jeder System-Ebene in Erscheinung (was sind denn „constraints“ anderes als Selektion?). Und dass ein reiner Sortiermechanismus, der die Selektion nun einmal ist, für sich allein nicht schöpferisch sein kann, ergibt sich schon durch etwas Nachdenken…
>>Auch hier musst Du sehr genau hinschauen. Hat man eine plausible Deszendenz (die ganzen DNA-Sequenzhomologien sind ja nichts Anderes) dargestellt, oder kennt man die Mechanismen, die diese Deszendenz erzeugten? Mutatis mutandis liegt hier oft dieselbe Verwechslung von 'bookkeeping' mit Mechanismen vor, die schon bei den Ultra-Darwinisten problematisch war.
Bezüglich der Frage, wie das Blutgerinnungssystem entstanden ist, hat JLT auf eine Arbeit verwiesen, in der natürlich Sequenz-Homologien zwischen den einzelnen Gerinnungsfaktoren eine Rolle spielen. Aber anzudeuten, sie verwechsle Mechanismen mit „bookkeeping“ und sei nicht in der Lage, einen mechanismischen Zusammenhang zwischen den einzelnen Homologa herzustellen, ist schon eine ziemliche Chuzpe.
Ich denke, sie ist viel besser in der Lage, Dir zu erörtern, was es mit den Schlüsselbegriffen „Genduplikation“ und „Exon-Shuffling“ auf sich hat, und es gibt einen ganz hervorragenden Artikel von Kenneth Miller, der die Etappen in der Evolution des Blutgerinnungssystems noch einmal einzeln aufschlüsselt. Und nein: „Genduplikation“ hat nichts mit „Bookkeeping“ zu tun.
>>Das stimmt so auch nicht. ID vertritt nicht die Auffassung von Wissenschaft, die wir vertreten. (aber auch hier muss man sehr genau hinschauen, steck mal beispielsweise Mahner und Gutmann in einen Raum und lass die definieren, was sie unter 'Wissenschaft' verstehen, dann merkst Du, dass die sich möglicherweise nicht viel näher stehen als beide ID).
Weißt Du, es ist durchaus problematisch, zu entscheiden, ob jemand klinisch tot oder hirntot ist oder ob jemand gerade stirbt und sich im Dämmerzustand befindet. Hier stehen die Mediziner vor einem ähnlichen „Abgrenzungsproblem“, wie die Wissenschaftstheoretiker, wenn sie über die Grenzen des Empirismus, des Hypothetico-Deduktivismus oder über Proto- und Parawissenschaften debattieren. Aber ich muss doch kein Medizinstudium absolviert haben, um einen toten Stein von einem lebenden Individuum unterscheiden zu können. Dies sind die Dimensionsunterschiede, wenn wir über die „Wissenschaftlichkeit“ von Intelligent Design reden und mit der Evolutionstheorie vergleichen. So tief können die Gräben zwischen Mahner und Gutmann gar nicht sein, als dass man sich in dieser Frage nicht einig wäre.
Natürlich vertritt ID eine „andere Wissenschaft“, und die Astrologen, Chronologiekritiker und Däniken-Anhänger vertreten wiederum eine andere. Und Du redest von „High-End-Unterschieden“, bei denen man keine Argumente mehr hat („anything goes“?). Aber das allen ernstes alles als „Wissenschaft“ durchgehen zu lassen, hieße, einen Einheitsbrei zuzulassen und den Wissenschaftsbegriff überflüssig zu machen. Keine Ahnung, warum man Dir seit Jahren erfolglos zu erörtern versucht, dass es in diesem Bereich Begründungsasymmetrien gibt.
>>Schau Dir mal die Argumentation an: die erfolgt meist entweder insuffizient (lies einfach mal die Repliken von Behe auf konkrete inhaltlich-biologische Einwände), oder wissenschaftstheoretisch.
Stimmt. Aber ich wage anzudeuten, dass das nicht immer nur für „die anderen“ gilt. Du vertrittst z.T. extrem idiosynkratische Standpunkte und übernimmst z.T. die Immunisierungsstrategien der ID-ler, die Du dann kritiklos als „Bewertungskriterium“ voraussetzst, wenn es darum geht, zu entscheiden, ob die Argumentation der anderen „suffizient“ ist. Aber ob diese Vorgehensweise so suffizient ist, hinterfragst Du nicht.
Du hast auf Deinen „Mensa-Text“ hingewiesen, aber Du hast hoffentlich noch im Hinterkopf, dass ich zu all Deinen Punkten, die Du dort anführst, im FGH etwas geschrieben habe. Du lobst Rammerstorfers Buch bei jeder passenden Gelegenheit, obwohl man das Buch eigentlich nur gelesen haben muss, wenn man sich für die Immunisierungsstrategien der ID-ler interessiert. Ob Du immer soooo "suffizient" argumentierst, wage nicht nur ich zu bezweifeln.
So, das mal ganz auf die Schnelle…
@Martin Neukamm
=== schnipp ===
So, das mal ganz auf die Schnelle
=== schnapp ===
noch schneller: es wäre nett, wenn Du respektieren würdest, dass ich hier mit JLT und nicht mit Dir diskutiere.
Ich finde die Diskussion ganz interessant. Aber vielleicht gibt es eine Möglichkeit diese in einer ansprechenderen Formatierung fortzusetzen.
@JLT
vielleicht eins vorweg: ich vermute, dass wir einfach nur aneinander vorbei reden. Ich versuch's mal mit einem Vergleich.
Angenommen, man wehrt sich gegen den Anspruch der Kirche auf weltliche Macht. Dann braucht man sich überhaupt nicht um Theologie zu kümmern. Man sollte sich aber in der Diskussion davor hüten, theologische Argumente zu verwenden. Die bringen natürlich auch nichts. Man kann dann einfach sagen: "wir haben eine Verfassung, die trennt Staat und Kirche. Punkt."
Es könnte aber sein, dass die Kirche so mächtig wird, dass sie den Anspruch stellen kann, die Verfassung zu ändern. Dann kommen vollkommen andere Argumente zum Tragen, beispielsweise Begründungsprobleme. Dann kann sogar Theologie relevant werden, und man muss Staatsrecht begründen können.
Dir geht es eher darum, den status quo gegen Angriffe zu verteidigen, und zwar von einer Position der Stärke aus. Der Gegner ist die ID-Bewegung.
Mir geht es eher um eine Ebene 'höher': welche Einwände gegen unsere Auffassung bringt ID vor? Wie sind diese zu werten? Der Gegner ist die ID-'Theorie' (bitte beachten, ich habe 'Theorie' bewusst in Hochkommata gesetzt).
Du bist aktiv an der Forschung beteiligt. Dich fasziniert, was man alles herausgefunden hat, wie das alles zusammen passt und so weiter.
Meine Spielwiese ist der Grenzbereich zwischen Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte. Ich habe mich sehr intensiv damit befasst, was im Lauf der Wissenschaftsgeschichte unter 'Evolution' verstanden wurde und mit welchen Mechanismen sie erklärt wurde und wird. Letztendlich läuft das immer auf Theorienvergleiche hinaus. Mir ist auch vollkommen klar, dass ein aktiver Wissenschaftler sich für solche Fragen nicht interessiert, ja meist despektierlich als Hobby alter Leute, die nichts mehr aktiv zur Forschung beitragen können, betrachtet. Nur wenige Forscher sind vermutlich in der Lage, konkret zu formulieren, was eigentlich 'Evolution' ist, von welchen Prämissen sie ausgehen, ob sich nicht eventuell Teilaspekte ihrer Ansichten widersprechen und so weiter.
Für mich ist Wissenschaftstheorie für den aktiven Forscher das, was die Grammatik für einen Muttersprachler bedeutet: sie interessiert nicht. Es sei denn, die Kommunikation klappt nicht mehr. Wissenschaftstheorie kommt immer dann ins Spiel, wenn die Grundlagen eben nicht mehr klar sind. Nicht ohne Grund entstand die moderne Wissenschaftstheorie durch die Quantenmechanik bzw. Relativitätstheorie (und es ist kein Zufall, dass sehr viele Wissenschaftstheoretiker von der Theoretischen Physik her kommen), die klassische Konzepte wie Raum und Zeit problematisch machte.
Lange Rede, kurzer Sinn: ich untersuche, ob ID wirklich das Zeug haben könnte, die moderne Wissenschaft, speziell den Naturalismus, zu hinterfragen. Kann sein, dass ich dieser Denke zu viel Raum einräume. Aber gerade aus dem Grund, weil ich davon ausgehe, dass ID eine Gefahr darstellen könnte, plädiere ich dafür, in der Diskussion die besten Argumente zu verwenden. Das sind genau die, die auf einer genauen Kenntnis dessen beruhen, was diese Menschen konkret vertreten.
=== schnipp ===
Ging es nun um ID, oder darum, was Menschen, die ID vertreten, glauben oder nicht?
Solange es keine ID-Hypothese gibt und keine Forschung zu dem Thema, *gibt* es kein ID unabhängig von dem, was die einzelnen IDler glauben.
=== schnapp ===
Nun, die ID-Hypothese ist schnell formuliert: aus dem Gegenstand kann man erkennen, ob er durch Mechanismen entstanden sein konnte, oder ob intelligente Eingriffe erforderlich waren. Das glauben alle ID-ler, die ich kenne.
=== schnipp ===
Ich habe noch nicht von einem einzigen konkreten Forschungsvorhaben gehört, das vorgeschlagen worden wäre.
=== schnapp ===
Das Problem ist, dass ID eine andere Auffassung von Wissenschaft hat. Es muss gar nicht selber forschen, es kann warten, was wir herausbekommen. Der Hintergedanke ist, dass wir, je genauer wir die Funktion von Systemen kennen, desto genauer sehen, dass wir deren Genese nicht mehr verstehen.
ID verfolgt im Prinzip einen Unmöglichkeitsbeweis, in etwa einen Gödel-Satz für empirische Systeme. Nach unseren Kriterien ist das Unternehmen zum Scheitern verdammt, denn aus Nicht-Wissen folgt nichts. Es liegt an ID, zu zeigen, dass daraus ID folgt. Bisher haben sie dafür nur eine Analogie: bei allen bekannten spezifiziert-komplexen Systemen, deren Genese wir kennen, war Intelligenz (und zwar menschliche Intelligenz) beteiligt. Der Schluss auf einen nicht-menschlichen Designer scheint mir aber nicht gültig zu sein.
=== schnipp ===
Das Ganze ist eine amerikanische politische Bewegung, kreationistisches Gedankengut in die Schulen zu bringen, mehr nicht.
=== schnapp ===
Das gilt für die ID-Bewegung. Zudem ist die Frage, ob die kreationistisches Gedankengut vertreten, wenn man darunter YEC versteht. Man kann zeigen, dass YEC und ID zwei Paar Stiefel sind.
=== schnipp ===
Die meisten Vertreter haben nur "Kreationismus" durch "ID" ersetzt, ohne mehr Ahnung von dem zu haben, was die Posterboys Behe und Dembski unter ID verstehen, als von Evolution.
=== schnapp ===
Das sehe ich auch so, aber das war nicht mein Punkt.
=== schnipp ===
Genauer: die Selektion ist dann 'Ausmerze' (tm) und nicht 'schöpferisch'.
So wie ich das verstehe, ist Selektion nicht 'schöpferisch'. Sie verringert die vorhandene Variation.
=== schnapp ===
So sehen es viele. Aber das war eben nicht die Meinung des langjährigen Standards. Und wenn Du undifferenziert von 'Evolutionstheorie' redest, kann man annehmen, dass Du den Standard meinst.
=== schnipp ===
Du setzt voraus, um was der Streit geht: wenn die constraints hinreichend eng sind, können eben keine anderen Formen entstehen, egal, welche Selektionsdrücke Du verwendest. Die Formen könnten sogar entstehen, würden aber nicht überleben.
Ich unterscheide zwischen Formen und dem anatomischen oder genetischen Aufbau dieser Formen. Selbst ohne rerunning gibt es konvergente Entwicklungen, bei denen die gleiche "Lösung" durch die Verwendung unterschiedlicher anatomischer Gegebenheiten erreicht wurden, siehe Flügel, um ein klassisches Beispiel zu bringen. Vielleicht würden bei einem rerunning wieder Flügel entstehen, vielleicht wären sie aber noch ganz anders aufgebaut, als die bekannten Arten. Insgesamt halte ich das aber eh nur für eine Gedankenspielerei, interessant zwar, aber da nicht umsetzbar eher eine philosophische Frage.
=== schnapp ===
Selbstverständlich sind das philosophische Fragen. Aber gerade um solche Fragen geht es doch bei dieser Diskussion.
=== schnipp ===
Ich schrieb: Sehe ich nicht so. Wie gesagt, Vorhersage bezieht sich nicht darauf, wie die Evolution ablaufen wird, sondern auf logische Schlüsse, die sich aus Aussagen der Evolutionstheorie ableiten lassen.
Das Rerunning the tape (mit den gleichen Bedingungen zur gleichen Zeit) würde vielleicht durch die Abfolge der Selektionsdrücke zu ähnlichen "Lösungen" führen. Aber da Mutationen ungerichtet, also auch nicht abhängig von Selektionsdrücken ablaufen, genauso Rekombination ein zufälliger Vorgang ist, könnten auch ganz andere Formen/Strukturen entstehen. Das hat mir der Vorhersagekraft der Evolutionstheorie gar nichts zu tun, schließlich bleiben die dahinter stehenden Mechanismen die gleichen.
Nun bist Du noch eine Ebene weiter: in der Evolutionsliteratur wird gestritten, welche Mechanismen denn nun konkret Evolution bedingen. Eine Aussage wie 'die dahinter stehenden Mechanismen bleiben die gleichen' ist extrem gewagt. Zudem hängen die Mechanismen davon ab, welche Strukturen vorhanden sind.
Das geht doch am Punkt vorbei. Evolution enthält zufällige Elemente wie Gendrift und welche genetischen Veränderungen auftreten.
=== schnapp ===
Wir sind noch bei constraints. Sowohl Gendrift als auch die konkreten Änderungen sind dann eventuell nur innerhalb derselben möglich.
=== schnipp ===
Egal, welche Mechanismen genau jemand vorschlägt, ob diese zutreffend sind oder nicht kann daher nicht davon abhängen, ob mit ihrer Hilfe der genaue zukünftige Verlauf vorhergesagt werden kann, in Bezug auf "Es wird zwangsläufig diese oder jene Struktur entstehen", weil nur eine Selektion vorhandener Variationen stattfinden kann. Anders formuliert: Die gleichen Mechanismen (mal unabhängig davon, welche man annimmt) können aufgrund der zufälligen Elemente unterschiedliche "Resultate" haben. Das hat aber mit der Vorhersagekraft der Theorie nichts zu tun. Beim radioaktiven Zerfall kann man auch nicht vorhersagen, welches Teilchen nun als nächstes zerfällt.
=== schnapp ===
Wenn es starke contraints gibt, wirken die sozusagen als 'Attraktoren' für alle Mechanismen, die am Werke sind. Der Weg dahin kann sich unterscheiden. In diesem Fall wäre sogar die Vorhersagekraft gegeben: die Strukturen, die prinzipiell entstehen können, werden durch die contraints bestimmt.
Aber bitte beachten: wir sind noch bei der Frage, ob es überhaupt constraints gibt, und falls ja, wie 'eng' diese sind. Mein Punkt ist nur, dass diese Frage mit dem, was Du geschrieben hast, nicht geklärt werden kann.
=== schnipp ===
Mal ganz abgesehen davon, dass es für die Beurteilung von ID völlig unerheblich ist, welche Voraussagekraft die Evolutionstheorie hat. Die Evolutionstheorie könnte die schlechteste Theorie nach der "Die Amerikaner sind niemals auf dem Mond gelandet"-Theorie sein, deswegen wäre ID trotzdem nicht gültig. Das ist eine unzutreffende Dichotomie, wie Du sicherlich weißt, weswegen das ganze Rumgeheule der IDler wegen angeblicher Lücken in der Evolutionstheorie ja auch fruchtlos ist. Eine Widerlegung der Evolutionstheorie hätte keinerlei Einfluss auf eine Akzeptanz von ID.
=== schnapp ===
Das habe ich ja oben auch schon explizit geschrieben. Aber wir sind nun bei ID-Bewegung. Und da spielt es schon eine Rolle, wie gut Evolutionsmechanismen belegt sind. Falls sehr gut, kann man intellectually fulfilled atheist sein, falls nicht, auch intellectually fulfilled supranaturalist.
=== schnipp ===
Auch das trifft nicht für alle Evolutionstheorien zu, sondern ist eine Folgerung des Gradualismus. Und zudem ist das noch zu 'eng' für die Evolutionstheorie, die lange Zeit Standard war (Synthetische Theorie, im Prinzip das, was Darwin 'my theory' nannte): die forderte, dass auf die Endfunktion hin selektiert wird. Genau das hat Behe mit IC widerlegt (aber das ist nichts Neues, schon zu Darwins Lebzeiten hat Mivart das gezeigt, und im Laufe der Wissenschaftsgeschichte wird dieser Einwand immer wieder vorgebracht, er wurde noch nie widerlegt). Funktionswechsel sind dieser Evolutionstheorie wesensfremd, obwohl deren Vertreter das AFAIK noch nie aufgefallen ist. Sie gehen von schöpferischer Selektion aus, bei einem Funktionswechsel ist der schöpferische Schritt eben nicht selektionsgesteuert.
Mir ist durchaus klar, dass es auch größere Veränderungen als Punktmutationen gibt und Veränderungen beispielsweise in regulatorischen Bereichen große Auswirkungen haben können. Und auch von Funktionswechseln habe ich schon mal gehört, Du wirst es nicht glauben. Willst Du mir tatsächlich unterstellen, ich würde glauben, dass nur auf "Endfunktion" (was soll das überhaupt sein, Evolution hat ja nicht vorgestern aufgehört) hin selektiert werden könnte? Dann hätte ich das in ganz schön vielen meiner vorangegangenen Posts aber gut verborgen...
=== schnapp ===
Mein Punkt war ein anderer: Du hast eine Vorhersage (in Sinne von: logisch aus der Theorie abgeleitete Prüfaussage) formuliert, die auf Gradualismus basierte. Und ich habe Dir gezeigt, dass es eben auch andere Vorstellungen von Evolutionsmechanismen gibt.
Schau mal die üblichen Beispiele in Dawkins an, dann weißt Du, was ich meine.
=== schnipp ===
Was ich mit Zwischenschritten meine, ist, dass es unmöglich ist, dass beispielsweise ein komplettes neues funktionsfähiges Gen, das weder in einzelnen Domänen noch in der gesamten Sequenz irgendwelche Homologien zu schon vorher Vorhandenen aufweist, einfach so aus dem Nichts auftaucht. Würde man so etwas finden, wäre das mit welcher Variante der Evolutionstheorie auch immer nicht zu erklären.
=== schnapp ===
Der Knackpunkt ist erklären. Ich sagte doch, dass Evolution intelligibel wird, wenn Darwins 'my theory' gelten würde. Sollte die nicht zutreffen, wäre (auch naturalistische) Evolution immer noch gültig, aber man könnte vieles nicht mehr 'erklären'. Fände man so ein Gen, wie Du beschrieben hast, würde das die Evolutionstheorie (tm) nicht unbedingt schwächen.
=== schnipp ===
Mit ID natürlich schon: Poof.
=== schnapp ===
ID erhebt explizit nicht den Anspruch, irgendetwas zu erklären. Ein solches Ergebnis würde mit ID besser harmonieren als mit naturalistischen Auffassungen von Evolution. Ein Beweis wäre das aber noch nicht.
=== schnipp ===
Hat man eine plausible Deszendenz (die ganzen DNA-Sequenzhomologien sind ja nichts Anderes) dargestellt, oder kennt man die Mechanismen, die diese Deszendenz erzeugten?
Nennt man Vererbung.
Hör mal, ich habe keine Ahnung, worauf Du hinaus willst. "Mechanismen die Deszendenz erzeugen"? Wenn ich das mal in normales Deutsch übersetze, heißt das, Wie kommt es zur Abstammung.
=== schnapp ===
Ich will daraufhin hinaus: ID erkennt Deszendenz an. Der Designer schafft nicht ex nihilo. Wir würden also Sequenzhomologien, Duplikationen und weiß der Herr was finden, egal, ob ungelenkte Mechanismen am Werk waren oder gelenkte. Vererbt werden würde auch, was ein Designer geschaffen hat. Dazu kommt noch, dass nicht nur ID am Werk war.
Du kannst das Immunisierungsstrategien nennen, aber Fakt ist, dass ID bestimmte Probleme eben nicht hat.
=== schnipp ===
Immer daran denken: ID geht es um Mechanismen für die Genese von Systemen, nicht um deren Funktion.
Immer daran denken: ID geht es darum, Kreationismus in die Schulen zu bringen.
=== schnapp ===
Hübsch formuliert: Dir geht es um die ID-Bewegung, mir um die ID-'Theorie'
=== schnipp ===
Sei vorsichtig, Behe und auch andere ID-Vertreter haben expressis verbis betont, dass sie nicht so reagieren würden. Darauf könnte man sie festnageln. Die sagen auch, dass man Design nie ausschließen kann, betonen aber, dass sie es nur dort einfordern, wo gezeigt werden kann, dass naturalistische Prozesse eben nicht in der Lage sind, bestimmte Strukturen zu erzeugen.
a) hat Behe schon zurückgerudert. Rezeptor-Ligand-Systeme wie das, auf dass ich in meinem früheren Kommentar verlinkt habe, waren bei ihm ursprünglich mal IC, nachdem das veröffentlicht war, sind diese plötzlich nie IC gewesen.
=== schnapp ===
Kannst Du mir die Stelle nennen, an der Behe zurückgerudert ist? Hat Behe abgestritten, früher behauptet zu haben, die Strukturen seien IC?
Wenn ich es richtig sehe, gibt es bisher noch keine Struktur, von der ID behauptet, dass gezeigt werden konnte, dass sie IC ist. Angeblich wird das erforscht. Von etlichen Strukturen wird angenommen, dass sie IC sein könnten.
=== schnipp ===
b) kann man ein Negativum nicht beweisen.
=== schnapp ===
Was bedeutet das in diesem Kontext?
Dembski versucht so was über die 'no free lunch-Theoreme'. Der Forscher, der diese formulierte, zeigte, dass Dembski 'in a jello' formuliert, aber er räumt ein, dass der Ansatz tragen könnte. Letzendlich wäre das eine Art Gödel-Satz für empirische Systeme. Sollte so etwas gezeigt werden können ('bekannte naturalistische Mechanismen können bekannte Strukturen nicht hervorbringen') würden wir vermutlich auf unbekannte naturalistische Mechanismen tippen. Sollte bewiesen werden können (ich habe keine Ahnung, wie so etwas gehen könnte), dass das prinzipiell nicht funktionieren kann, würde ich immer noch nicht von einem Designer ausgehen, aber ich käme dann schon ins Grübeln.
=== schnipp ===
Schau Dir mal die Argumentation an: die erfolgt meist entweder insuffizient (lies einfach mal die Repliken von Behe auf konkrete inhaltlich-biologische Einwände), oder wissenschaftstheoretisch. Aber dann hat man das Problem, dass einem der ID-ler sagt, dass es ihn nicht interessiert, wie wir etwas im Rahmen der Erkenntnismöglichkeiten einer bestimmten Auffassung von Wissenschaft erklären können, sondern wie es wirklich war. Die Diskussion kann ganz schön kniffelig werden.
Ich nehme mal an, Du meinst die Repliken *auf* Behe, nicht *von* Behe, in diesem Zusammenhang?
=== schnapp ===
Nein, ich meine das ganz genau so. Lies mal, wie Miller argumentiert, und was Behe dazu geschrieben hat (da Du keine Prosa lesen willst, erspare ich Dir die Belegstellen). Miller argumentiert, dass die Teilsysteme einer IC-Struktur keine Funktion haben dürfen, obwohl Behe expressis verbis das Gegenteil schreibt. Dasselbe haben sich auch Coyne und Carroll erlaubt, die auch nicht genau hingeschaut haben, was Behe eigentlich vertritt. Exakt das meine ich mit 'insuffizient': die Autoren haben zwar Recht, aber nicht mit dem, was sie konkret schreiben. Das lässt dem Gegner die Möglichkeit zu Gegenangriffen und macht einen schlechten Eindruck auf die Galerie.
=== schnipp ===
Dann kann ich nur sagen, es ist zeimlich schwierig, kronkret inhaltliche bioloogische Einwände auf schwammiges Wischi-Waschi zu geben, in dem weder Mechanismen vorgeschlagen werden, noch mögliche Ansätze zur Überprüfung dieser.
=== schnapp ===
Behe hat glasklar definiert, was er unter 'IC' versteht. Und die Konsequenzen für Darwins 'my theory' sind ebenso klar. Auf dieser Ebene kann man problemlos sauber diskutieren. Da ist nichts Wischi-Waschi.
=== schnipp ===
Und zu dem "wie es *wirklich* war" – wer auf der Suche nach endgültigen und absoluten Wahrheiten ist, ist bei der Naturwissenschaft an der falschen Adresse. Wir können immer nur sagen, wie es wahrscheinlich gewesen ist oder wie es gewesen sein könnte. Ohne die Möglichkeit der Zeitreise werden wir NIE sagen können, wie es *wirklich* gewesen ist. Wer damit nicht klarkommt, soll sich doch eine der Religionen aussuchen, gibt ja genug.
=== schnapp ===
Lies das im Kontext, in dem ich das geschrieben habe: es geht darum, dass aus einer Methodologie eine Ontologie abgeleitet wird. Das kann man mit gutem Recht hinterfragen. Man kann natürlich epistemisch argumentieren, aber man sollte das nicht mit ontischen Aussagen verwechseln.
=== schnipp ===
Religionen haben ja das Monopol auf absolute Wahrheiten (auch wenn "ReligionEN" und "Monopol" ein kleines Problem darstellt...). Die muss man dann allerdings glauben, belegen lassen sie sich nicht.
=== schnapp ===
Vollkommene Übereinstimmung, aber darum ging es nicht.
=== schnipp ===
Sorry, das hast Du eben nicht. Ich habe Dir Quellen genannt, in denen konkret steht, was ID behauptet und was nicht.
Sobald ein IDler einen Artikel in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlicht, werde ich es lesen. Ihre Prosa lese ich nicht.
=== schnapp ===
Das ist vollkommen legitim. Aber dann sollte man sich hüten, Aussagen über ID zu machen. Denn man kennt das dann ja gar nicht. Aber das schrieb ich schon zu Beginn des Textes.
=== schnipp ===
Weißt Du, solange Du mit Menschen unserer wissenschaftlichen Sozialistation redest und ID nur von UnderDogs wie Kreationisten, Bibel-Fundis, Muslimen oder auch ZJ vertreten wird, kann man sich erlauben, gar nicht näher zu kennen, auf was man eindrischt.
Siehe oben.
=== schnapp ===
Stimmt.
=== schnipp ===
Aber stell Dir mal vor, die RKK bemerkt, dass sie eigentlich auch schon seit Urzeiten ID vertritt und Du musst argumentativ gegen diese Menschen bestehen, die ihre Hausaufgaben in Wissenschaftstheorie gemacht haben und nicht an einer buchstabengetreuen Bibel-Interpretation kleben und sich möglicherweise in Wissenschaftsgeschichte auskennen. Dann musst Du Dich warm anziehen, falls Du Deinen Standpunkt vertreten willst.
Welche Theorie wissenschaftlich anerkannt ist oder nicht, wird weder in Prosa noch durch die RKK noch in irgendwelchen Diskussionen über Wissenschaftstheorie entschieden.
Es wird von Wissenschaftlern entschieden, von jedem einzeln und für sich, was er oder sie für zutreffend hält, weil die Daten überzeugend sind, weil die Schlussfolgerungen logisch sind, indem er/sie sich auf diese Veröffentlichungen beruft, diese Daten/Schlussfolgerungen in seine eigene Hypothese einbaut etc.
=== schnapp ===
Du verwechselst möglicherweise von Wissenschaftlern mit wissenschaftlich. Wissenschaft erhebt ja gerade den Anspruch, intersubjektiv zeitkernige Gültigkeiten zu vertreten, das machst Du mit Deinem idiosynkratischen Ansatz zunichte. Zumindest musst Du die 'scientific community' ins Spiel bringen, und auch dann kann man sich noch fragen, ob es nicht möglich ist, dass diese Menschen gar nicht so genau wissen, was sie eigentlich treiben, wenn es über KleinKlein-Bereiche hinausgeht. Beispielsweise, wenn sie über 'Evolution' reden, und nur ihr kleines Rädchen drehen. Hier können Theoretiker recht nützlich werden.
BTW, im Bereich der Evolutionsbiologie gab es das auch. Hecht, der Herausgeber der Zeitschrift, die Dobzhansky begründet hat, hat Gayon, einen Philosophen, gebeten, die Grundlagen der Synthetischen Theorie der Evolution zu untersuchen, eben weil langsam klar wurde, dass es hier angesichts der Kritik Probleme gibt.
Gayon, J. (1990) 'Critics and criticism of the modern Synthesis. The viewpoint of a philosopher' Evolutionary Biology 24:1-50
=== schnipp ===
Das stimmt so auch nicht. ID vertritt nicht die Auffassung von Wissenschaft, die wir vertreten (aber auch hier muss man sehr genau hinschauen, steck mal beispielsweise Mahner und Gutmann in einen Raum und lass die definieren, was sie unter 'Wissenschaft' verstehen, dann merkst Du, dass die sich möglicherweise nicht viel näher stehen als beide ID). Johnson beispielsweise fordert explizit eine andere Auffassung von 'Wissenschaft' ein, als sie vom derzeitigen Standard vertreten wird.
BTW, in der wissenschaftstheoretischen Fachliteratur ist durchaus umstritten, was im Bereich der Naturwissenschaften'wissenschaftlich' überhaupt bedeutet. Es nicht trivial, Pseudo-, Proto- , Para- und weiß der Herr noch was für Wissenschaften sauber zu trennen.
Von Geisteswissenschaften ist noch gar nicht die Rede, das wird noch komplexer
Siehe oben.
=== schnapp ===
Klar, wir reden aneinander vorbei, weil wir verschiedene Ebenen im Blick haben. Solange Du auf Deiner Baustelle (unter dem Menschen, die so denken und arbeiten wie Du) bleibst, ist das vollkommen korrekt. Aber wenn Du allgemeine Aussagen über die Wissenschaft, die Evolution, das ID etc. machst, gehst Du auf eine andere Baustelle. Und dort gelten möglicherweise andere Regeln.
@schlaufuchs:
Die Ansicht ist besser, wenn Du nicht auf "Kommentare" klickst, sondern auf die Überschrift des Posts, so dass nur das Post angezeigt wird. Dann sind die Kommentare unterhalb des Posts in voller Seitenbreite zu lesen.
Wenn Du einen noch besseren Vorschlag hast, bin ich gerne bereit, dass umzusetzen. Aber außer jede Antwort in ein eigenes Posting umzuwandeln (was ich etwas übertrieben fände), fällt mir nichts anderes ein.
@El Schwalmo: Morgen wieder ;-)
Ich neige dazu (und empfehle), das 'Kreuz mit dem Kreationismus' etwas gelassener und pragmatischer (als z. B. AG Evolutionsbiologie...) zu betrachten. In der Zeitung "Die Welt" habe ich dazu kürzlich folgenden Kommentar abgegeben:
"Die überwiegende Zahl der Evolutionsbiologen ist heute davon überzeugt, dass der Mechanismus, wie Arten entstehen von den Architekten der sogenannten Synthetischen Theorie der Evolution gefunden wurde. Die Synthetische Theorie ist ein Bündel von Thesen, das in den 1930er u. 1940er Jahren von Systematikern und Populationsgenetikern geschnürt wurde, um Darwins Theorie der natürlichen Auslese mit den neuen Erkenntnissen der Genetik zu versöhnen. Sie besagt, dass alles Evolutionsgeschehen auf graduelle Veränderungen der Genfrequenzen in Populationen zurückzuführen ist.
Dieser universelle Erklärungsanspruch der Synthetischen Theorie wird von Kreationisten vehement bezweifelt. Nach ihrer Auffassung reicht diese Theorie maximal zur Erklärung mikroevolutiver Vorgänge, aber eben nicht dazu, die Entstehung neuer Baupläne und Konstruktionen zu erklären. Sie berufen sich dabei auf die Ergebnisse der experimentellen Evolutionsforschung und regelmäßig Diskontinuitäten im Fossilbericht.
Warum sehen die Evolutionsbiologen die Kritik der Kreationisten eigentlich so negativ? Kann es sein, dass sich hier etablierte Wissenschaftler vor einer kleinen Gruppe von gescheiten Leuten (zu der im übrigen auch renommierte Fachwissenschaftler zählen) fürchten, weil sie systematisch Schwächen und Lücken der Synthetischen Theorie der Evolution herausarbeiten und publizieren?
Tatsächlich ist der »intellektuelle Prachtbau« der »Synthetischen Theorie« längst einsturzgefährdet. Dies zeigt sich darin, dass ihre Anhänger nur noch damit beschäftigt sind, Vorfeldbastionen zu sichern und widersprüchliche neue Forschungsergebnisse zu assimilieren.
In der Wissenschaftstheorie nennt man eine Theorie in diesem Stadium des Zerfalls oder der Auflösung eine degenerierende Theorie. Sie bringt keine fruchtbaren zukunftsweisenden Forschungsprogramme mehr hervor, sondern verteidigt nur noch sich selber vor der zunehmenden Kritik. Die etablierten Evolutionsbiologen täten daher gut daran, die empirisch begründeten Einwände der Kreationisten nicht pauschal als weltanschaulich infiziert zu verdammen.
Vielmehr sollten sie diese Kritik als wichtigen Beitrag dafür werten, dass die Evolutionstheorie (und vor allem die Synthetische Theorie) wieder den Status einer Theorie erlangt, der sich deutlich von einer dogmatischen Metaphysik unterscheidet.
Eine Theorie, die für eine Tatsache gehalten wird, ist keine Theorie, sondern Metaphysik. Theorien leben vom Widerspruch. Und eine Theorie alleine ist daher genau das, was den Kreationisten vorgeworfen wird, nämlich Ideologie oder gar Theologie!"
"Dir geht es eher darum, den status quo gegen Angriffe zu verteidigen, und zwar von einer Position der Stärke aus. Der Gegner ist die ID-Bewegung.
Mir geht es eher um eine Ebene 'höher': welche Einwände gegen unsere Auffassung bringt ID vor? Wie sind diese zu werten? Der Gegner ist die ID-'Theorie' (bitte beachten, ich habe 'Theorie' bewusst in Hochkommata gesetzt).
[...]
Lange Rede, kurzer Sinn: ich untersuche, ob ID wirklich das Zeug haben könnte, die moderne Wissenschaft, speziell den Naturalismus, zu hinterfragen. Kann sein, dass ich dieser Denke zu viel Raum einräume. Aber gerade aus dem Grund, weil ich davon ausgehe, dass ID eine Gefahr darstellen könnte, plädiere ich dafür, in der Diskussion die besten Argumente zu verwenden. Das sind genau die, die auf einer genauen Kenntnis dessen beruhen, was diese Menschen konkret vertreten."
Hi El Schwalmo,
tut mir leid, hat etwas länger gedauert.
Ich denke, wir reden tatsächlich etwas aneinander vorbei, allerdings meiner Meinung nach aus einem anderen Grund als den, den Du angibst. Ich denke, dass die IDler, wissenschaftlich gesehen, überhaupt nichts Konkretes vertreten und erst recht nichts Neues beitragen. Deswegen gibt es meiner Meinung nach keinen Unterschied zwischen ID-Bewegung und ID-"Theorie". Die Motivation der Bewegung bildet auch den Hintergrund für ID. Es gibt keine wissenschaftliche Basis dafür.
Z. B. dies:
"Nun, die ID-Hypothese ist schnell formuliert: aus dem Gegenstand kann man erkennen, ob er durch Mechanismen entstanden sein konnte, oder ob intelligente Eingriffe erforderlich waren. Das glauben alle ID-ler, die ich kenne."
und das:
"Das Problem ist, dass ID eine andere Auffassung von Wissenschaft hat. Es muss gar nicht selber forschen, es kann warten, was wir herausbekommen. Der Hintergedanke ist, dass wir, je genauer wir die Funktion von Systemen kennen, desto genauer sehen, dass wir deren Genese nicht mehr verstehen."
widerspricht sich meiner Meinung nach. Die IDler behaupten, sie können Design erkennen, beispielsweise mit Dembskis CSI und Explanatory Filter. Da können sie lange warten, bis dazu irgendwelche Daten von Wissenschaftlern kommen. Dazu müssten sie schon selbst forschen. Deswegen ist umso verwunderlicher, dass noch nichts dazu veröffentlicht ist, das ist ja schließlich nicht neu. Statt dessen wird einfach mit dem Finger auf irgendwas gezeigt und behauptet, es enthielte CSI. Selbst wenn "CSI" nicht nur eine aufgehübschte Variante von "Ein Protein von 100 AS Länge kann sich nicht zufällig bilden, weil die Wahrscheinlichkeit dazu nur 1:20e100 ist" (Warum das BS ist, brauche ich hoffentlich nicht zu erklären) wäre, würde ich doch wenigstens erwarten, dass sie sich die Mühe machten und wenigstens irgendeine Legitimation ihrer Behauptung versuchen würden.
Für den Rest trifft dann dies zu:
"ID verfolgt im Prinzip einen Unmöglichkeitsbeweis, in etwa einen Gödel-Satz für empirische Systeme. Nach unseren Kriterien ist das Unternehmen zum Scheitern verdammt, denn aus Nicht-Wissen folgt nichts. Es liegt an ID, zu zeigen, dass daraus ID folgt."
Aber das hier
"Bisher haben sie dafür nur eine Analogie: bei allen bekannten spezifiziert-komplexen Systemen, deren Genese wir kennen, war Intelligenz (und zwar menschliche Intelligenz) beteiligt. Der Schluss auf einen nicht-menschlichen Designer scheint mir aber nicht gültig zu sein."
kann ich überhaupt nicht unterschreiben. Es ist, wie ich oben schon gesagt habe, überhaupt nicht belegt, dass es Dembskis CSI überhaupt gibt, bzw. dass man es so berechnen könnte wie er glaubt. Darum ist meiner Meinung nach die Aussage "bei allen bekannten spezifiziert-komplexen Systemen, deren Genese wir kennen, war Intelligenz (und zwar menschliche Intelligenz) beteiligt." schon im Ansatz gescheitert: es sind keine CSI-Systeme bekannt, weil sie noch nicht mal gezeigt haben, dass diese Systeme tatsächlich CSI enthalten.
=== schnipp ===
Das Ganze ist eine amerikanische politische Bewegung, kreationistisches Gedankengut in die Schulen zu bringen, mehr nicht.
=== schnapp ===
Das gilt für die ID-Bewegung. Zudem ist die Frage, ob die kreationistisches Gedankengut vertreten, wenn man darunter YEC versteht. Man kann zeigen, dass YEC und ID zwei Paar Stiefel sind.
Was ist denn der Unterschied zwischen einem "intelligentem Designer" und einem "Schöpfer" (rein vom Wortsinn her)? Beide kreieren etwas. Bei einem Schöpfer ist "intelligent" nicht explizit erwähnt, aber doch auch impliziert.
Auch, wenn man über den Wortsinn hinausgeht, ist der Unterschied kein prinzipieller, sondern nur ein gradueller. YEC, OEC, ID, Theistische Evolution: Das sind doch alles nur Abstufungen im Ausmaß der Eingriffe, die man einem Schöpfer/intelligentem Designer zugesteht.
Selbstverständlich sind das philosophische Fragen. Aber gerade um solche Fragen geht es doch bei dieser Diskussion.
Mir geht es aber nur um wissenschaftliche Fragen.
Ich will hier auf diesem Blog keinen "Beweis" führen, dass es keinen intelligenten Designer oder Schöpfer gibt. Ich behaupte noch nicht mal, dass es keinen gibt. ICH glaube nicht dran, aber dass ist meine persönliche *Meinung*, keine auf wissenschaftlichen Daten fundierte Aussage. Ich sage, dass so, wie es die IDler versuchen, auch nicht der gegenteilige "Beweis" geführt werden kann.
Warum ich mich überhaupt an dieser Diskussion beteilige, ist, weil viele IDler wissenschaftliche Daten ignorieren oder falsch darstellen und das ärgert mich. Entweder sollen sie ihre Auffassung als das vertreten, was es ist: eine religiöse Überzeugung ODER sie sollen endlich anfangen, ernsthaft *Wissenschaft* zu betreiben. Aber aus ihrem gemütlichen Lehnstuhl heraus Wissenschaftler wahlweise als Lügner, unfähig oder dumm darzustellen, ohne selbst auch nur eine einzige überprüfbare Hypothese bereit zu haben, oder irgendwelche eigenen Forschungsergebnisse, sich dafür aus den Forschungsergebnissen der Leute, die *tatsächlich* Wissenschaft betreiben und die ja auch so dumm und unfähig sind, das rauszupicken, was ihnen gefällt und für ihre Zwecke zu missbrauchen, während sie den ganzen Rest ignorieren, DAS sollten sie lassen.
"Wir sind noch bei constraints. Sowohl Gendrift als auch die konkreten Änderungen sind dann eventuell nur innerhalb derselben möglich."
"Wenn es starke contraints gibt, wirken die sozusagen als 'Attraktoren' für alle Mechanismen, die am Werke sind. Der Weg dahin kann sich unterscheiden. In diesem Fall wäre sogar die Vorhersagekraft gegeben: die Strukturen, die prinzipiell entstehen können, werden durch die contraints bestimmt.
Aber bitte beachten: wir sind noch bei der Frage, ob es überhaupt constraints gibt, und falls ja, wie 'eng' diese sind. Mein Punkt ist nur, dass diese Frage mit dem, was Du geschrieben hast, nicht geklärt werden kann. "
Ich würde behaupten, es gibt auf jeden Fall constraints. Es muss physikalisch möglich sein... Nein, ernsthaft, ich maße mir doch nicht an, hier klären zu können, welche constraints bestehen und welche Auswirkungen die hätten, würde man noch mal "von vorne" anfangen.
Um noch mal auf das zurückzukommen, was ich vorher geschrieben habe: Ich behaupte übrigens auch nicht, dass Wissenschaftler schon alles restlos geklärt haben, was Evolution angeht und es keine offenen Fragen mehr gibt. Tatsächlich wäre das ja ausgesprochen langweilig und ich hoffe, während meiner Lebenszeit kommen noch ein paar überraschende Dinge zu Tage. Tatsächlich könnten die ID-Leute vielleicht sogar was dazu beitragen. Wenn sie denn mal anfangen würden, wissenschaftlich beantwortbare Fragen zu stellen. Aber momentan verhalten sie sich meiner Meinung nach contra-produktiv.
Das habe ich ja oben auch schon explizit geschrieben. Aber wir sind nun bei ID-Bewegung. Und da spielt es schon eine Rolle, wie gut Evolutionsmechanismen belegt sind. Falls sehr gut, kann man intellectually fulfilled atheist sein, falls nicht, auch intellectually fulfilled supranaturalist.
Ehrlich gesagt, ist das nicht mein Problem. Wir werden *nie* alles erklären können und erst recht nie alles *wissen*. So gesehen kann man, wenn man den unbedingt will, immer "supranaturalist" sein. Da ist es völlig egal, wie groß die Lücken sind. Ob sie ihren Gott da rein quetschen können oder nicht, ist mir total egal.
"Mein Punkt war ein anderer: Du hast eine Vorhersage (in Sinne von: logisch aus der Theorie abgeleitete Prüfaussage) formuliert, die auf Gradualismus basierte. Und ich habe Dir gezeigt, dass es eben auch andere Vorstellungen von Evolutionsmechanismen gibt."
Auch Dawkins behauptet meines Wissens nicht, dass vollständige Strukturen aus dem Nichts auftauchen. Noch mal, ich rede nicht von Gradualismus a là Darwin. Mit Mutationen meine ich nicht nur Punktmutationen, sondern alle Vorgänge, die eine Veränderung des Genoms beinhalten, also auch Duplikation ganzer Abschnitte, Gene, Chromosomen Genome, Transposons, retrovirale Integration, Exonshuffling, Insertionen, Deletionen, Inversionen, Frameshift, sexuelle Rekombination, was auch immer. Und ich beschränke das auch ausdrücklich nicht auf coding DNA, sondern beziehe auch Veränderungen im Tranksriptionsmuster durch Veränderungen in regulatorischen Einheiten (Promotoren, Enhancer, cis/trans elements, etc.) ein, und auch z. B. Hox-Gene und andere Evo-Devo-Geschichten. Und *natürlich* sind dabei Funktionswechsel möglich, und nicht nur möglich, sondern *notwendig*, sondern könnte ja nie etwas Neues entstehen.
Aber selbst wenn die phänotypischen oder auch die genotypischen Veränderungen groß und, wenn man so will, sprunghaft sein können, entsteht nicht eine komplette Struktur *aus dem Nichts* (und noch mal, damit meine ich NICHT die Funktion, die kann natürlich völlig neu sein, die gesamte Struktur kann dabei eine vorher so nicht Dagewesene sein, weil sie beispielsweise auf veränderte Transkriptionsmuster zurückgeht).
"Der Knackpunkt ist erklären. Ich sagte doch, dass Evolution intelligibel wird, wenn Darwins 'my theory' gelten würde. Sollte die nicht zutreffen, wäre (auch naturalistische) Evolution immer noch gültig, aber man könnte vieles nicht mehr 'erklären'. Fände man so ein Gen, wie Du beschrieben hast, würde das die Evolutionstheorie (tm) nicht unbedingt schwächen."
*Darwins* Theorie ist so schon lange nicht mehr gültig. Ich dachte bisher, nur ID-Vertreter würden annehmen, dass sich in den letzten 150 Jahren nichts mehr getan hat.
=== schnipp ===
Mit ID natürlich schon: Poof.
=== schnapp ===
"ID erhebt explizit nicht den Anspruch, irgendetwas zu erklären."
Und damit ist es meiner Meinung nach überflüssig.
"Ich will daraufhin hinaus: ID erkennt Deszendenz an. Der Designer schafft nicht ex nihilo. Wir würden also Sequenzhomologien, Duplikationen und weiß der Herr was finden, egal, ob ungelenkte Mechanismen am Werk waren oder gelenkte. Vererbt werden würde auch, was ein Designer geschaffen hat. Dazu kommt noch, dass nicht nur ID am Werk war.
Du kannst das Immunisierungsstrategien nennen, aber Fakt ist, dass ID bestimmte Probleme eben nicht hat."
Pah. Wäre das so, warum versuchen dann IDler überhaupt, Evolutionsmechanismen und what ever in Frage zu stellen? Denn selbst wenn Wissenschaftler eine Mini-Schritt für Mini-Schritt-Erklärung für die gesamte Evolution hätten, inklusive aller Bedingungen, die dazu geführt haben, dass genau diese Veränderung sich zu diesem Zeitpunkt durchgesetzt hat, könnten sie immer noch behaupten, dass jeder dieser Mini-Schritte durch den Ober-IDler bewirkt wurde. An Stelle 132 dieser Sequenz kam es zu einem Basenaustausch von A nach T? Hat der Designer gemacht, kann ja kein Zufall gewesen sein. Immerhin hätte an 3 Mio. anderen Basenpaaren eine Veränderung stattfinden können, zu jeder von vier verschiedenen Möglichkeiten, also 1: 4e3 Mio. – viel zu unwahrscheinlich.
Diese Veränderung hat sich nicht durchgesetzt, weil leider das eine Individuum, in dem sie aufgetreten ist, von einem herabfallenden Ast erschlagen wurde? Hat der "Designer" so gewollt.
Diese neutrale Veränderung, die im späteren Verlauf zusammen mit einer weiteren einen Selektionsvorteil darstellte, hat sich zufällig in einer Population durchgesetzt? War doch nicht zufällig, der Designer war's.
Immunisierungsstrategie? Da fallen mir noch ganz andere Bezeichnungen zu ein.
"Kannst Du mir die Stelle nennen, an der Behe zurückgerudert ist? Hat Behe abgestritten, früher behauptet zu haben, die Strukturen seien IC?
Wenn ich es richtig sehe, gibt es bisher noch keine Struktur, von der ID behauptet, dass gezeigt werden konnte, dass sie IC ist. Angeblich wird das erforscht. Von etlichen Strukturen wird angenommen, dass sie IC sein könnten."
Aus dem Behe und Stroke-Artikel [Simulating evolution by gene duplication of protein features that require multiple amino acid residues. Protein Science (2004)]:
The lack of recombination in our model means it is most directly applicable to haploid, asexual organisms. Nonetheless, the results also impinge on the evolution of diploid sexual organisms. The fact that very large population sizes—10e9 or greater—are required to build even a minimal MR feature requiring two nucleotide alterations within 10e8 generations by the processes described in our model, and that enormous population sizes are required for more complex features or shorter times, seems to indicate that the mechanism of gene duplication and point mutation alone would be ineffective, at least for multicellular diploid species, because few multicellular species reach the required population sizes. Thus, mechanisms in addition to gene duplication and point mutation may be necessary to explain the development of MR features in multicellular organisms. Although large uncertainties remain, it nonetheless seems reasonable to conclude that, although gene duplication and point mutation may be an effective mechanism for exploring closely neighboring genetic space for novel functions, where single mutations produce selectable effects, this conceptually simple pathway for developing new functions is problematic when multiple mutations are required. Thus, as a rule, we should look to more complicated pathways, perhaps involving insertion, deletion, recombination, selection of intermediate states, or other mechanisms, to account for most MR protein features.
Behe nennt in dem Artikel u. a. die "binding site for diphosphoglycerate in hemoglobin" als Beispiel für "multi-residue features". Er sagt zugegebenermaßen nicht explizit: Das ist IC, das kann nicht entstehen. Aber das ist Wissenschaftssprech. Im Grunde sagt er doch genau das: in mehrzelligen Organismen kann durch Genduplikation und Punktmutationen allein die Entstehung von MR features nicht erklärt werden. Aber genau das zeigen Bridgeham et al. in ihrem Artikel: Evolution of Hormone-Receptor Complexity by Molecular Exploitation. [Science (2006), 312: 97 – 101].
Darüber hinaus hat er in Dover *unter Eid* ausgesagt, dass MR features IC sind:
"There are none that use that phrase, but as I indicated in my direct testimony, that I regard my paper with Professor David Snoke as to be arguing for the irreducible complexity of things such as complex protein binding sites."
Dover Trial
"So the point is that those little colored squares [amino acids] are enormously complex in themselves, and further the ability to get them to bind specifically to their correct partners also requires much more additional information. It is not a single step phenomenon. You have to have the surfaces of two proteins to match."
Dover Trial
Hätte Behe zugegeben, dass er diese Strukturen mal als IC bezeichnet hat, wäre mit dem Bridgeham-Artikel ja gezeigt worden, dass eine seiner angeblichen IC-Strukturen doch genauso entstehen kann. Folglich muss er zurückgerudert sein.
"Behe hat glasklar definiert, was er unter 'IC' versteht. Und die Konsequenzen für Darwins 'my theory' sind ebenso klar. Auf dieser Ebene kann man problemlos sauber diskutieren. Da ist nichts Wischi-Waschi."
Was hast Du immer mit "Darwins Theorie"? Seitdem ist die Zeit nicht stehen geblieben. Und mit wischi-waschi meine ich nicht, das Behe nicht sagt, was er unter IC versteht, ich meine genau das, was ich geschrieben habe: er schlägt keinen Mechanismus vor, der die Entstehung dieser Strukturen verhindern würde (es ist lediglich "unwahrscheinlich"), noch einen Mechanismus, *wie* sie entstanden sein könnten. Nichts, was überprüfbar wäre.
"Du verwechselst möglicherweise von Wissenschaftlern mit wissenschaftlich. Wissenschaft erhebt ja gerade den Anspruch, intersubjektiv zeitkernige Gültigkeiten zu vertreten, das machst Du mit Deinem idiosynkratischen Ansatz zunichte. Zumindest musst Du die 'scientific community' ins Spiel bringen, und auch dann kann man sich noch fragen, ob es nicht möglich ist, dass diese Menschen gar nicht so genau wissen, was sie eigentlich treiben, wenn es über KleinKlein-Bereiche hinausgeht. Beispielsweise, wenn sie über 'Evolution' reden, und nur ihr kleines Rädchen drehen. Hier können Theoretiker recht nützlich werden."
Natürlich ist es letztendlich die scientific community. Ob ich alleine einen Artikel zitiere oder nicht, ist völlig irrelevant. Aber wenn 100 den Artikel zitieren, die in ihren Arbeiten gezeigt haben, dass sich in dem Ursprungsartikel aufgestellten Schlussfolgerungen bestätigen lassen und sich die gezeigten Ergebnisse wiederholen lassen und darüber hinaus auch auf andere Systeme übertragbar sind – dann wird das dadurch, wenn man so will, in das große Ganze mit eingegliedert. Wenn ich aber veröffentlichte Daten/Schlussfolgerungen nicht glaube, dann übernehme ich das nicht in meine Arbeitshypothese. Möglicherweise denke ich mir sogar was aus, wie ich das gezeigte widerlegen könnte. Wenn andere Wissenschaftler genauso kritisch sind, was das gezeigte angeht, wird es entweder einfach ignoriert oder in einigen Veröffentlichungen direkt oder indirekt widerlegt.
Es gibt eine unglaubliche Flut an Artikeln, die jeden Tag veröffentlicht werden. Keiner kann alle lesen, auch nicht alle, die direkt sein Fachgebiet betreffen. Jeder Wissenschaftler trifft täglich Entscheidungen, was er überhaupt für wert befindet, gelesen zu werden.
Wissenschaftler entscheiden durch Peer-Review, was überhaupt veröffentlicht wird.
Wissenschaftler entscheiden dadurch faktisch, was Wissenschaft ist.
Und was die Theoretiker angeht: das sind keine Mitglieder der scientific community? Die beziehen sich nicht auf Daten? Treffen keine Entscheidung, was sie als belegt ansehen und was nicht und was sie daher in ihre Theorie integrieren und was nicht?
MfG,JLT
@ halligstorch
Was heißt denn hier degenerierte Theorie? Alles was bisher von Evolutionsbiologen gefunden und experimentell getestet wurde paßt entweder sehr gut ins Bild der Theorie oder verlangte nur nach minimalen Änderungen dieser. Kreationisten weisen nicht auf Lücken im System hin, um einen wissenschaftlichen Beitrag zu leisten, sondern ausschließlich um die ET als ganzes zu diskreditieren. Nach ihren Vorstellungen würde dann der Mythos der Schöpfung automatisch legitimisiert. Das ist natürlich Unsinn.
Letztendlich geht es nicht um Darwn versus ID, sondern um evolutionäres contra apokalyptisches Denken, um die Vision oder Ahnung einer Zukunft der Menschheit mit einer sich dynamisch entfaltenden Sinnhaftigkeit contra einer Sehnsucht nach einer Endlösung der Menschheitgeschichte, nach einer Erlösung durch die Vernichtung allen menschlichen Potential in einer apokalyptischen letzten Schlacht.
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